Gaswarnanlagen warten
In einer Industrieanlage, aber auch in Produktionsbetrieben gehören Gefahrstoffe zum Alltag. Eine sichere Detektion, aber auch ein gewisses Grundsatzprinzip bei der Installation und Wartung von Gaswarnanlagen sind daher essenziell.
Die Herausforderungen an einen Errichter von Gaswarnanlagen in der Praxis sind vielfältig und auch mit viel Erfahrung nicht immer einfach zu bewältigen. Der ständige technische Fortschritt bringt auch immer wieder neue Herausforderungen und macht somit eine ständige Weiterbildung der Errichter, Firmen, Fachplaner und Sicherheitsbeauftragten notwendig.
Die Industrie entwickelt sich weiter und mit ihr auch unser Verständnis, wie wir eine sichere Arbeitsumgebung für Menschen erreichen können. Dennoch gibt es diverse Punkte, die auch in Zukunft gleich bleiben. Bei der Planung einer Gaswarnanlage stellt sich immer zuerst die Frage: Wieso muss ich diese Gase detektieren? Diese Frage ist essenziell.
Die zweite Frage, die sich stellt:
Geht es um Explosions- oder um Personenschutz? Oder doch vielleicht um eine Kombination aus beidem – was in der Praxis immer häufiger vorkommt. Wenn diese Grundsatzfragen richtig analysiert und ausgearbeitet werden, entsteht eine solide Basis, auf der man aufbauen kann. Weiter muss abgeklärt werden, wie sich das Gas verhält, ist es schwerer oder leichter als Luft? Neigt es zum Ausgasen? Wie verhält es sich betreffend Temperatur und Feuchtigkeit? Das ist eine durchaus wichtige Frage, denn diese hat einen direkten Einfluss auf die Sensorwahl.
Weitere Kriterien, die es aus der Sicht des Planers zu beachten gilt:
- Müssen die Gasmelder in einer Ex-Zone installiert werden?
- Sind Gasfallsteuerungen vorhanden? Was versteht man unter einer Gasfallsteuerung: beispielsweise Ventilationen/Einschaltungen, Gasventile schliessen,Spannungslos-Schaltungen oder einen Produktionsprozessstopp usw.
Ich will Ihnen das anhand eines Praxisbeispiels näher erläutern. Nehmen wir an, bei Kunde X wird eine neue Kälteanlage installiert, welche mit NH3 (Ammoniak) betrieben wird. Der Maschinenraum dieser Anlage soll nun mit einer Gaswarnanlage (GWA) überwacht werden.
In diesem konkreten Fall bietet sich das Suva-Merkblatt «Kälteanlagen und Wärmepumpen sicher betreiben» an. Da NH3 einem Kältemittel der Sicherheitsklasse B2 entspricht, gelten gemäss Suva folgende Anforderungen an die GWA.
Falls die Kälteanlage nicht in den Bereich eines ständig besetzten Arbeitsplatzes fällt, werden die Alarmschwellen in der Praxis gemäss Suva auf folgende Werte gesetzt; ansonsten gilt der MAK-Wert: Die Voralarmschwelle liegt bei 10 Prozent UEG und es muss ein optischer und akustischer Alarm vor Ort ausgelöst werden. Die Hauptalarmschwelle liegt bei max. 20 Prozent UEG. Beim Erreichen dieser Schwelle müssen folgende zusätzliche Massnahmen erfolgen: Die gesamte Anlage und der Maschinenraum müssen spannungsfrei geschaltet werden, ausser den Betriebsmitteln mit Ex-Zonen-Konformität.
In der Praxis haben sich allerdings die folgenden Werte mit den dazugehörigen Massnahmen etabliert:
- bei 50 ppm: Lüftung EIN
- bei 200 ppm Personenalarm EIN
- bei 900 ppm Maschine AUS
- bei 30 000 ppm (20 Prozent UEG) Lastabwurf und Lüftung AUS.
Weiter besteht bei Erreichen des Hauptalarms die Notwendigkeit, diesen an die zuständige Stelle weiterzuleiten.
Falls der Maschinenraum zusätzlich mit Brandmeldern ausgerüstet ist, muss eine Priorisierung der Alarme festgelegt werden. Was ist damit gemeint? In Bezug auf die Lüftung lässt sich Folgendes sagen: Bei einem Brand will man die entstehenden Rauchgase nicht über die Lüftungskanäle in Brandabschnitte ohne Brandschutzisolation verschleppen.
Bei einem Ammoniakaustritt hingegen ist es das Ziel, das Gas so schnell wie möglich über die Lüftung abzutransportieren. Das heisst, man muss entscheiden, was angesichts der Steuerung der Lüftung priorisiert werden soll, sollten beide Vorfälle gleichzeitig auftreten: der Brand oder die NH3-Havarie. Die Massnahmen müssen schriftlich festgehalten werden. In der Praxis wird meistens der Brand als erste Priorität behandelt. Gerade in diesem speziellen Anwendungsbereich ist es gar nicht immer so einfach, im Voraus eine pauschale Aussage zu tätigen, was jetzt richtig oder falsch ist. Wenn man jedoch gewisse Grundsätze beachtet, befindet man sich auf dem richtigen Weg.
Neue SES-Richtlinie zu Gaswarnanlagen
Die neue SES-Richtlinie «Gaswarnanlagen» für die Detektion von Gasen und Dämpfen ist ein weiteres Dokument, das Ihnen bei der Planung und Errichtung einer Gaswarnanlage Hilfestellung leisten kann. Die neue Richtlinie erscheint im Januar 2022 und wurde nach den aktuellen technischen Neuerungen angepasst, weiter wurden die früheren zwei Richtlinien «Explosionsfähige Gase» und «Toxische Gase und Sauerstoff» in einem Dokument zusammengefasst.
Sie finden in der Richtlinie Begriffserklärungen, die Anforderungen an eine GWA, an den Gasmelder sowie die Funktionsweise verschiedener Messprinzipien der Gassensoren und entsprechende Vorschläge, auf die Sie achten müssen.
In der Vergangenheit, auch in jüngster, gab es immer wieder Ereignisse, bei denen neben immensem Sachschaden leider auch Menschen verletzt oder getötet wurden. Nachfolgend eine Chronik, was in letzter Zeit passiert ist:
Solche Vorfälle gibt es immer wieder und das sind längst nicht alle Ereignisse: Ich will auch nicht so weit gehen und sagen, dass alle diese Ereignisse mit einer GWA hätten verhindert werden können, aber eine Gaswarnanlage hätte bei gewissen Ereignissen definitiv einen positiven Impact haben und Schlimmeres vielleicht verhindern können. Dennoch muss man sich realistisch eingestehen, dass sich nicht alles mit einer GWA verhindern lässt. Denn es gibt immer noch einen wesentlichen Punkt, den man nicht vergessen darf, und das ist der Risikofaktor Mensch. Wir Menschen machen Fehler. Das ist menschlich und soll auch so sein. Aus Fehlern kann man lernen. Da dies eine Tatsache ist, muss man dem Rechnung tragen, indem man die Menschen immer wieder auf die Gefahren aufmerksam macht und dementsprechend schult, wie mit der GWA in ihrem Betrieb richtig umgegangen werden muss.
Einige Punkte, auf die man dabei Wert legen sollte, sind:
- Auf was muss ich achten?
- Was bedeutet diese Blitzleuchte oder dieses Alarmhorn?
- Wo ist der Sammelplatz?
- Diese Gefahrenanalyse bezieht sich aber nicht nur auf einen Industriebetrieb, sondern auch auf Wohnhäuser, die mit Gaswarnanlagen ausgerüstet sind. Die Menschen, die dort leben, müssen geschult und informiert werden, wie sie sich bei einem Gasalarm zu verhalten haben, denn ungeschulte Personen verhalten sich oft falsch und verschlimmern die Situation nicht selten zusätzlich – zum Beispiel durch Betätigen eines Lichtschalters in einem Keller, der ein explosionsfähiges Gasgemisch enthält, wodurch dieses zur Zündung gelangen kann.
Ich denke, das wollen wir doch alle verhindern.