Fälscherstuben im Euroland

Immer mehr Falschgeld wird mithilfe des Internets hergestellt und verbreitet. Es gibt Fälle, bei denen Täter alle Schritte, von der Bestellung der Hologramme über den Druck der Noten bis zum Vertrieb der gefälschten Scheine, über das Darknet abwickeln. Das geht aus dem aktuellen Lagebericht zur Falschgeldkriminalität des Bundeskriminalamtes in Deutschland hervor.

Echt oder falsch? © depositphotos

Als das Bayerische Landeskriminalamt im Februar 2016 eine illegale Druckerei zur Herstellung von 50-Euro-Blüten ausheben liess, fanden die Ermittler umfangreiche Herstellungsmaterialien und Kopiervorlagen aus dem Internet; nicht nur gefälschte Euro-Banknoten kamen zum Vorschein, sondern auch fast 3000 Klebehologramme aus China. Laut Bundeskriminalamt (BKA) haben die zwei 21- und 23-Jährigen die Falsifikate über das Darknet verkauft – die Käufer zahlten mit digitalen Währungen. Laut Bericht ist die Polizei auf die Täter aufmerksam geworden, da in Abfallsäcken aus der Garage, die sich als Fälscherwerkstatt entpuppte, Reste von 50-Euro-Scheinen gefunden wurden. Gemäss BKA entdeckten die Ermittler Hinweise auf rund 200 Kunden aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und den Niederlanden. Das Beispiel zeige, dass über illegale Marktplätze im Internet Equipment verfügbar sei, das auch kleineren Gruppierungen oder Einzeltätern ermögliche, mit einfachen Mitteln Blüten herzustellen und zu vertreiben. Die Hilfsmittel zur Anfertigung von Falschgeld seien heute leicht zugänglich, Spezialwissen sei nicht nötig. Dies führe dazu, dass jetzt auch in Deutschland vermehrt Falschgeld hergestellt und international verbreitet werde, heisst es im aktuellen Bericht «Falschgeldkriminalität». Zunehmend würden die Strafverfolgungsbehörden jüngere Täter feststellen, die sich vor allem durch ihre Internet-Affinität auszeichneten.

Italien führt Statistik an

Bei den in Deutschland konfiszierten Euro-Banknoten handelte es sich 2016 überwiegend um international verbreitete Fälschungen, vor allem aus Italien, so das Bundeskiminalamt. Diese qualitativ hochwertigen sogenannten «Napoli-Fälschungen» würden im Grossraum Neapel hergestellt und konventionell, zum Beispiel über Kurierfahrer, verbreitet. Im Berichtsjahr 2016 wurden durch die Europäische Zentralbank insgesamt rund 1,98 Millionen falsche Banknoten registriert. Etwa ein Drittel der Falsifikate seien im Zahlungsverkehr festgestellt worden. Nach Erkenntnissen der deutschen Polizei würden sehr gute, europaweit auftretende Blüten häufig oft bei Privatverkäufen eingesetzt – bezahlt werde die Ware (Autos, Smartphone, teurere Uhren usw.) bar, also mit Blüten. Italien dominiert – dort wurden 2016 die meisten Euro-Falschnoten in den EU-Mitgliedstaaten registriert (rund 65% aller Falsifikaten, rund 1,28 Mio. Noten). Dahinter liegt Frankreich mit «nur» rund 218000 unechten Banknoten (11%), gefolgt von Spanien (6%) und Deutschland (5,5%).

Fälscher reagieren schnell

Im Juli 2016 haben die Fahnder in einem Vorort in Neapel sieben Millionen Euro Falschgeld sichergestellt. Neben 50- und 100-EuroBlüten konnten auch 20-Euro-Falsifikate der neuen Europaserie festgestellt werden. Obwohl diese Kopien noch von durchschnittlicher Qualität waren, zeigt dieses Beispiel, dass es den Geldfälschern trotz verbesserter Sicherheitsmerkmale in kürzester Zeit gelingt, sich den neuen Anforderungen anzupassen und geeignete Komponenten zur Falschgeldherstellung anzuschaffen, wie es im Bericht heisst. Darüber hinaus würden insbesondere bulgarische Tätergruppierungen auffallen, schreibt das Bundeskriminalamt ferner. Ihre Euro-Blüten seien oft von hoher Qualität und teilweise nur sehr schwer zu erkennen. Bulgarische Ermittler hätten im April 2016 eine Falschgelddruckerei ausgehoben, in der 100-Euro-Falsifikate hergestellt wurden. Auf diesen Blüten seien die Sicherheitsmerkmale so gut nachgeahmt, dass selbst elektronische Prüfgeräte die Fälschungen nicht zweifelsfrei erkennen konnten. «Ich gehe davon aus, dass die Falschgeldkriminalität aufgrund der Stabilität des Euro auch zukünftig ein Betätigungsfeld krimineller Organisationen bleiben wird», sagte BKA-Präsident Holger Münch.    rs/ots

 

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