Erste Gefängnisse rüsten auf

Drohnen können für sinnvolle Zwecke eingesetzt werden. Doch die unbemannten Flugobjekte überwinden auch Gefängnismauern. Erste Strafanstalten rüsten dagegen auf.

Drohnenabwehr, Strafanstalt Lenzburg
Die Strafanstalt Lenzburg hat ein Drohnenabwehrsystem installiert.

 

Seit geraumer Zeit kämpfen die Gefängnisdirektoren mit einem neuen Phänomen: Drohnenangriffe auf Haftanstalten haben weltweit zugenommen. Deutschland registriert fast wöchentlich solche Versuche, aber auch in der Schweiz weiss man von mehreren Fällen. Ein mit Handy, Drogen und anderem Schmuggelgut beladenes Flugobjekt überwindet die meterhohe Hürde problemlos. Ferngesteuert kann sie  präzis an einem bestimmten Ort die Ware deponieren.

Nein – einen konkreten Vorfall mit einer Drohne gab es in der Strafanstalt Lenzburg mit ihren fast zweihundert Plätzen bis heute noch nicht. Doch die Verantwortlichen wollen nichts dem Zufall überlassen. Sie setzen auf einen hohen technischen und baulichen Sicherheitsstandard. Ergo gehören sie auch zu den ersten Gefängnissen der Schweiz, die dieser neuen Entwicklung Rechnung tragen. Drohnendetektion heisst das Zauberwort.

Mit der Lieferung der Anlage wurde der Rüstungskonzern Rheinmetall Defence betraut. Auch die Interkantonale Strafanstalt Bostadel in Menzingen im Kanton Zug hat eine solche Detektionsanlage bestellt, wie vom Drohnenabwehr-Lieferanten zu erfahren ist. Nähere Auskünfte dazu will Andreas Gigon, Gefängnisdirektor in Bostadel, allerdings nicht geben. Man wolle nicht die Insassen und allfällige Helfer indirekt über Sicherheitsmassnahmen informieren, sagt Gigon. Die abgelegene Strafanstalt hinter den Menzinger Hügeln ist denn auch ein gebranntes Kind. Hier haben Unbekannte bereits einmal versucht, eine Drohne einzusetzen, um ein Mobiltelefon ins Gefängnis zu schaffen. Klar, damit lässt sich eine Flucht besser organisieren als ohne Telefonnetz zur Aussenwelt.

Detektionsanlage funktioniert anfänglich nicht wunschgemäss

 Anlässlich eines Augenscheins in Lenzburg sagt Christian Harder, stellvertretender Sicherheitschef: «Wir haben schon aufgeschnittene Tennisbälle auf dem Gefängnishof gefunden.» Die neue Anlage ist ein Frühwarnsystem. Sie erkennt alle fliegenden Objekte, seien das Drohnen, Modellflieger oder Ballons. Aufgespürt werden auch Brieftauben, denn sie können ebenfalls Drogenkurier spielen.

Das sogenannte Radshield-System ist eine Aufklärungsanlage, die den Luftraum über der Gefängnismauer mit Videokameras,  Infrarotsensoren und Radar überwacht. Wird etwas detektiert, werden Alarme in die Einsatzzentrale der Strafanstalt gesendet. Fliegen selbst kleinere Gegenstände von wenigen Zentimetern über die Umzäunung, löst der «Abfangjäger» Alarm aus. Am Bildschirm kann das  Sicherheitspersonal schliesslich beurteilen, um was für ein Objekt es sich handelt. Doch in der Strafanstalt Lenzburg ist man noch nicht so weit mit der Feinjustierung, die Anlage befindet sich seit August 2017 in der Testphase. Anfang November erklärte Christian Harder auf Anfrage, dass die Detektion zu etwa 80 Prozent funktioniere. Unzufrieden ist er noch mit der Erkennung von kleineren Objekten.

Scheinwerfermasten nicht stabil genug

Eine weitere Schwierigkeit stellen die Scheinwerfermasten dar: An ihnen sind die Multisensoren der Drohnendetektion montiert. Das Problem sei, dass die Metallstangen wohl nicht für die zusätzliche Traglast ausgelegt seien, betont Harder. Bei Böen würden sie zu stark wanken, eine Detektion sei schwierig.

In der Zwischenzeit scheint die Anlage das Pflichtenheft des Gefängnisses zu erfüllen. Die Drohnendetektion wurde erst kürzlich offiziell abgenommen, wie Marcel Ruf, Direktor der Justizvollzugsanstalt Lenzburg, vor wenigen Tagen mitgeteilt hat.

Bei der Rheinmetall Defence weiss man um die Schwierigkeit der Feinjustierung, die mehrere Wochen dauern kann. Drohnen wie etwa eine «DJI Phantom» würden für den Radar extrem kleine Reflektionen verursachen. Deshalb müsse die Empfindlichkeit so eingestellt werden, dass für den Radar fast alles als Signal empfangen werde. Also auch Blätter, die sich im Wind bewegen, und natürlich Regentropfen. «Regen ist eines der grossen Probleme, da die Masse der Regentropfen eine zehnmal grössere Reflektion als die Drohne hat», sagt ein Fachmann der Rheinmetall.

Zuständig für die Anschaffung der 200 000 Franken teuren Investition für die Drohnendetektion ist das Departement Volkswirtschaft und Inneres im Kanton Aargau. Auf eine aktive Störung von motorisierten Drohnen mittels elektronischer Störmechanismen habe man bewusst verzichtet, heisst es beim Kanton. Denn ein solches System könne mit der technischen Entwicklung von Drohnen nicht Schritt halten und wäre mit wesentlich höheren Kosten verbunden, argumentiert das Departement.

 

 

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