Niemals ohne Helm!
Kein Eishockeyspieler oder Formel-1-Fahrer würde ohne Schutzhelm das Spielfeld betreten bzw. in seinen Wagen steigen. Doch auf Baustellen sieht man trotz Helmpflicht immer wieder Arbeiter «oben ohne». Was können Sicherheitsverantwortliche tun, um die Trageakzeptanz zu fördern?
Der Bauarbeiterhelm ist das klassische Beispiel für eine persönliche Schutzausrüstung (PSA) und die Bedeutung der Trageakzeptanz ist unbestritten. Die Vorgaben sind eindeutig, denn laut Art. 5 BauAV muss bei allen Arbeiten, «bei denen eine Gefahr durch herunterfallende Gegenstände oder Materialien besteht», ein Schutzhelm getragen werden. Daran wird sich auch 2022 durch die neue BauAV nichts ändern. PSA-Tragepflichten durchzusetzen wird nicht nur auf dem Bau eine Daueraufgabe für betriebliche Arbeitsschützer bleiben.
Mitarbeitende informieren und beteiligen
Wo Mitarbeiter PSA tragen sollen, muss der Grund dafür deutlich sein. Vorgesetzte sollten konsequent der Einstellung entgegenwirken, ein Helm müsse «wegen der Suva» oder einer Aufsichtsbehörde getragen werden müssen. Auch wenn es beim Helm offensichtlich erscheint, müssen jedem die Risiken schwerer Kopfverletzungen – z.B. bei Kranbetrieb oder Gerüsten – klar werden, und warum eine Anstosskappe nicht genügt.
Schutzkleidung wird eher akzeptiert, wenn Mitarbeiter beim Auswählen einbezogen werden. Vorgesetzte fördern die positive Einstellung zu PSA, indem sie das konsequente Tragen explizit loben. In Teams sollten die Routiniers auf Berufsanfänger und Lernende achten.
Konsequent bleiben, auch als Chef
Ein PSA-Tragegebot gilt stets für alle, ohne Ausnahme. Auch der Geschäftsführer, der Geschäftsfreunde oder Politiker durch den Betrieb führt, muss dabei Helm, Haarnetz oder Lärmschutz tragen, wenn dies vor Ort vorgeschrieben ist, ebenso alle seine Gäste. Analog gilt das Helmtragegebot einer Baustelle auch für Architekten und Bauleiter. Wer sich als «Chef» hier eine private Ausnahmeregelung gönnt, handelt unverantwortlich, wird unglaubwürdig und unterläuft das Sicherheitsengagement aller anderen.
Ursachen für Ablehnung nachgehen …
Wer seinen Helm ablegt, hat dafür einen Grund. Ist er unbequem? Wird es am Kopf zu warm oder zu kalt? Drückt der Helm oder erzeugt Juckreiz? Oder fehlt die Einsicht in die Notwendigkeit eines Kopfschutzes? Nur wer diese Fragen stellt, kann gezielt gegen das Nichttragen vorgehen. Vielleicht ist es nur eine Frage der Bequemlichkeit, weil es mühsam ist, seinen Helm immer erst vom anderen Ende einer Grossbaustelle holen zu müssen. Dann kann dies anders organisiert werden, sodass Helme dort bereitliegen, wo die Mitarbeiter eintreffen und der Arbeitstag beginnt.
… und aktiv Lösungen finden
Dass bei Sommerhitze auf dem Bau die Neigung zunimmt, den Helm «mal eben» auszuziehen, ist nachvollziehbar. Anstatt dies zu tolerieren, sollten Vorgesetzte auf dem Helmtragen bestehen, gleichzeitig aber die Befindlichkeiten ihrer Mitarbeiter ernst nehmen. Zu klären ist stets, wie Belastungen vermieden werden können, ohne an Schutz zu verlieren, z.B.:
Ist der Helm für Sommerhitze geeignet? Verfügt er über Ventilationsschlitze oder individuell einstellbare Belüftungszonen, die starkem Schwitzen vorbeugen?
Ist der Helm richtig eingestellt und dem Mitarbeiter angepasst? Wann wurde zuletzt das Schweissband ausgetauscht?
Kann Helmzubehör genutzt werden, z.B. ein Nackenschutz mit aktivem Kühlungseffekt durch Verdunstungskälte im Sommer oder ein Helmunterzieher (dünne Mütze) zum Kälteschutz im Winter?
Davon unabhängig wäre zu prüfen, ob die Arbeit in eine kühlere Tageszeit verlegt oder unter einem schattenspendenden Sonnensegel o.Ä. ausgeführt werden kann. Oft lassen sich mit kreativen Ansätzen auf unterschiedlichen Ebenen (technisch + organisatorisch + hochwertige PSA) Konfliktsituationen um Tragegebote entschärfen. Und selbst wenn eine einfache Lösung nicht sofort gefunden wird, erhalten die Mitarbeiter das Signal, dass Arbeitgeber und Vorgesetzte ernsthaft um ihr Wohlergehen bemüht sind. Allein dies festigt die Akzeptanz, Schutzausrüstung zu benutzen.
Dieser Fachartikel erschien in der gedruckten Ausgabe SAFETY-PLUS 4-2021.
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