Auf der Spur von Sars-CoV-2 in Seilbahnen
Wo lauern die grössten Infektionsgefahren? Wie kann man sich und andere noch besser schützen? Wissenschaftler in aller Welt arbeiten daran, das Wissen über Covid-19 zu erweitern – auch an der Empa. Mit Messungen und Simulationen nehmen Forscher nun Gondeln und Seilbahnkabinen in Skigebieten unter die Lupe.
Covid-19 ist schwer einzuschätzen, und komplexe mathematische Modelle, die Infektionsrisiken beziffern, sind letztlich Versuche, sich der Realität anzunähern – auch im Fall von Skigebieten und den vielen Menschen, die sich dort tummeln. Deshalb begann das Team um Ivan Lunati von der Empa-Abteilung «Multiscale Studies in Building Physics» seine Arbeit just in dieser Wirklichkeit: in Seilbahnkabinen und -gondeln der Bergbahnen Engelberg-Trübsee-Titlis (BET).
Weniger Passagiere = geringeres Risiko
Doch was ist mit der Emissionsrate an Erregern? Ein kniffliger Punkt, so Lunati, weil manche Eigenschaften von Sars-CoV-2 noch ungeklärt sind. Zudem hängt der Ausstoss bekanntlich auch vom Verhalten eines infizierten Menschen ab. Atmet dieser ruhig, oder ist er vom Skifahren so angestrengt, dass er heftig schnauft? Lacht er, spricht er – und wenn ja, laut oder leise? Gute Daten dazu sind laut Lunati derzeit rar. Noch dazu sei physikalisch nicht vollständig geklärt, wie sich Tröpfchen und Aerosole in einem Raum exakt ausbreiten.
Welche konkreten Empfehlungen leiten sich aus der Untersuchung ab? Neben dem naheliegenden Ratschlag «Bitte lüften!» lohnt es sich auch, die Anzahl der Passagiere pro Fahrt zu begrenzen. «Das wird in Skigebieten ohnehin schon gemacht und ist auf jeden Fall die richtige Strategie», so Lunati.
Husten im Visier der Wissenschaft
Mit dem Seilbahnkabinenhersteller CWA in Olten, der die Forschung verfolgt und unterstützt hat, sind bereits Gespräche über eine Kooperation im Gange. «Das Thema Luftaustausch wurde bislang eher stiefmütterlich behandelt», sagt Massimo Ratti. Daten wie diejenigen von der Empa, so der «Chief Technical Officer» von CWA, seien da wirklich hilfreich – nicht nur in der aktuellen Lage, sondern auch mit Blick auf künftige Seilbahnen im öffentlichen Nahverkehr. Dort sind die Ansprüche schliesslich noch höher als in Skigebieten, erklärt der Fachmann: «Wir wären sehr daran interessiert, bei einem Forschungsprojekt für Kabinen mit noch besserer Luftzirkulation mitzumachen.»
In Zukunft wollen die Empa-Forscher zudem die Datengrundlage für den Ausstoss von Viren verbessern – mit einer «Hust-Maschine», die sie in ihrem Labor entwickelt haben. Aus zwei Zylindern, vergleichbar mit Lungenflügeln, gelangt über Schläuche spezielle Druckluft in einen «Kopf»: aufgeheizt auf Körpertemperatur, angereichert Feuchtigkeit und Tröpfchen, deren Verbreitung dann zwei Kameras aufzeichnen – geeignet auch für Tests von künftigen Schutzmasken.
Quelle: Empa