Brandlast ist nicht gleich Brandlast

Kein Feuer ohne Brandlast. Das hört sich einfach an, ist es aber durchaus nicht. Denn Brandlast ist nicht gleich Brandlast.

Im Industriesektor hat man mit unterschiedlichsten Produkten, Stoffen und Mengen
zu tun. Deshalb ist die Ermittlung der Brandlast enorm wichtig. Depositphotos, safonmoskow

Der Begriff Brandlast definiert eigentlich nur einen brennbaren Stoff mit einer bestimmten Menge beziehungsweise Masse. Dabei wird nicht unterschieden, ob dieser Stoff leicht brennbar oder entzündbar ist, sondern vielmehr, wie hoch die Energiemenge ist, die bei der Verbrennung des Stoffes entstehen kann. Und das aus gutem Grund, denn die Intensität der Wärme, gekoppelt mit der Dauer des Verbrennungsvorgangs, ergibt die thermische Belastung für die dem Brand ausgesetzten Bauteile, Gebäude und Gegenstände. Selbstverständlich sei auch die thermische Belastung für die Löschkräfte mitgenannt.

Ein Beispiel

Eine Papierrolle im Lager einer Druckerei ist im Normalfall relativ stramm gewickelt. Sie mit einem Streichholz anzünden zu wollen wird (in den allermeisten Fällen, Ausnahmen bestätigen die Regel) nicht gelingen. Entrollt man das Papier dagegen vorab, fängt es sofort Feuer. Das ist der Grund, weshalb wir, wenn wir mit einer Zeitung Holzscheite bei einem Lagerfeuer entfachen wollen, die einzelnen Zeitungsseiten zerknüllen und anzünden. Das heisst jedoch: Die Brandlast, also die Menge und Masse der Papierrolle, ist in beiden Fällen exakt die gleiche – die Entzündlichkeit dagegen kann stark variieren. Besonders augenfällig ist dieses Phänomen bei einer Staubexplosion.

Sicher stellt die vorhandene Brandlast auf einer bestimmten Fläche eine mehr oder weniger grosse Brandgefährdung dar. Das ist auch der Grund, weshalb diese eine Berücksichtigung beim Brandschutz erfährt. Ein Beispiel soll dies veranschaulichen: Vor etlichen Jahren wurde in einer Erläuterung der MLAR (Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie) vom Dezember 1998 begründet, warum die bis dahin geduldete Gesamtbrandlast in Rettungswegen (!) von 7 Kilowattstunden je Quadratmeter beziehungsweise 14 Kilowattstunden je Quadratmeter Grundfläche (letzter Wert ausschliesslich für halogenfreie Leitungen) in ein generelles Verbot für nicht brandschutztechnisch geschützte, brennbare elektrische Leitungen geändert wurde. Vereinfacht gesagt, wurde die Gefährdung, die aus verschiedenen Gründen (z.B. Überschreitung der Brandlast durch Nachinstallationen) von diesen Leitungen ausging, zu Recht für nicht mehr tolerierbar gehalten.

Im Industriesektor wichtig

Vor allem im Industriebau spielt die quantitative Ausprägung einer Brandlast eine signifikante Rolle. Diese wird in der DIN 18230 (Baulicher Brandschutz im Industriebau) ermittelt. Gerade im Industriesektor, wo man es mit den unterschiedlichsten Produkten, Stoffen, Mengen etc. zu tun hat, ist die Ermittlung der Brandlast von enormer Bedeutung. Nur so kann man die notwendigen baulichen, technischen und organisatorischen Massnahmen, die den Brandschutz betreffen, zielgerichtet bestimmen.

Ein konsequentes Vorgehen hilft ausserordentlich, die sehr unterschiedlichen Brandlasten in Industriebauten relativ punktgenau zu bestimmen und somit den erforderlichen Schutzumfang festzulegen. Bei Überschreitung wird’s gefährlich Sicherlich ist die Ermittlung «hypothetisch», denn die Schutzmassnahmen werden nur auf eine definierte (theoretische) Brandlast abgestimmt. Überschreitet man diese Festlegung deutlich, begibt man sich in eine gefährliche Zone. Subtiler wird es, wenn zum Beispiel die Brandlast aufgrund einer Veränderung der Zusammensetzung des Produkts derart wächst, dass die umgesetzten Brandschutzmassnahmen nicht mehr ausreichend sind und im Brandfall der Totalverlust eines Objekts die Folge sein
kann. Logischerweise führt eine Vergrösserung der Lagermenge ebenfalls dazu. Oder ein Lagerhaus, das ursprünglich für andere Produkte bestimmt war und jetzt eine viel grössere Brandlast mit einem neuen Lagergut erfährt, ist gewiss nicht in einem als einwandfrei zu bezeichnenden Zustand. Auch Heizwert und das Brandverhalten des gelagerten Materials beeinflussen Dauer und Intensität des Brandes und müssen ebenfalls berücksichtigt werden. Wird dies nicht beachtet, können die im Brandfall daraus resultierenden Schäden enorm sein.

Die Ermittlung der konkreten Brandlast und deren Beachtung sowie die daraus entwickelten Schutzmassnahmen sind also zentral für den zielgerichteten Brandschutz. Diese sind deshalb fortwährend zu kontrollieren und Überschreitungen der festgesetzten Grenze nicht zuzulassen. Wie gezeigt wurde, wirkt sich bei gleicher Menge die Materialbeschaffenheit der brennbaren Stoffe deutlich auf die Entzündbarkeit aus. Diese kann also sehr stark variieren, sodass man gut beraten ist, bei der Planung alle die Brandlast betreffenden Faktoren, also nicht nur die Brandlast selbst, zu berücksichtigen und gegebenenfalls den Entwurf des Objekts, die notwendigen Brandschutzmassnahmen oder die darin unterzubringende Brandlast sorgfältig abzuwägen: einerseits, um eine kostspielige Ausführung zu vermeiden, und andererseits, um einen Totalverlust abzuwehren.

* Autor Bruno B. Hecht ist Architekt und Brandschutzspezialist, VZM GmbH.

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