Brandmeldeanlagen: Ist die Anbindung an die Cloud ein Muss?

Brandmeldeanlagen werden immer intelligenter. Der herstellerübergreifende Trend ist die Anbindung an die Cloud. Datenanalyse ermöglicht schnellere Reaktionszeiten und präventive Wartungsmassnahmen, was die Sicherheit in Gebäuden allgemein erhöht.

Brandmeldeanlage
Depositphotos, trybex

Lange Zeit waren Brandmeldeanlagen (BMA) nur lokal installiert und die einzige Verbindung nach aussen war diejenige zur Feuerwehr und zur ständig besetzten Stelle. Die einzige Massnahme, um zu prüfen, ob die Anlage funktionstüchtig ist, war die gesetzlich vorgeschriebene jährliche Anlagenrevision.

Mobile Apps mit Remote Support

In den letzten Jahren kam Bewegung in die Branche: Um die Überwachung und den Support beim Interpretieren von Störungsmeldungen zu verbessern, bieten viele Hersteller ihren Kunden mobile Apps und Remote Support an. Meldungen der Anlage werden den Betriebsverantwortlichen via Push-Nachrichten übermittelt und zudem via VPN-Verbindung an die Errichter geschickt. So werden die Meldungen viel schneller bemerkt, als wenn sie nur in der BMA-Zentrale erscheinen. Sehen die Errichter, dass vor Ort niemand reagiert, können sie das Unternehmen proaktiv kontaktieren und beraten. Denn wie auf eine Störung reagiert werden muss, geht mit viel Unsicherheit einher. Bei einem Feueralarm ist der Fall klar: Je nach Einstellung der Anlage wird die Feuerwehr direkt oder mit einer Verzögerung alarmiert, während ein allfälliger Fehlalarm quittiert werden kann. Viel häufiger treten jedoch Störungsmeldungen auf oder der Betreiber möchte einzelne Melder ausschalten. Wie man solche Aufgaben ausführt, ist vielen nicht klar und dies, obwohl in BMA-pflichtigen Betrieben auch mindestens zwei Personen mit deren Bedienung vertraut sein müssen. So werden Störungsmeldungen oft ignoriert. Die fehlende Handlungskompetenz liegt meist darin begründet, dass eine BMA nicht sehr oft bedient werden muss – idealerweise tritt der Ernstfall nie ein. Deshalb wird das Wissen rund um die Handhabung oft nicht aufgefrischt und bei personellen Wechseln nicht weitergegeben. Im Brandfall muss die BMA jedoch einwandfrei funktionieren.

Mit Remote Support unterstützen die Errichter die Kunden bei der Interpretation der Meldungen und geben ihnen Auskunft, was unternommen werden muss. Remote-Zugriffe auf BMA sind in der Schweiz gesetzlich nur beschränkt erlaubt: Es muss sich mindestens eine mit der BMA vertraute Person im überwachten Gebäude befinden, damit sie überprüfen kann, ob die aus der Ferne vorgenommenen Änderungen korrekt übernommen wurden, oder diese unter Anleitung selbst durchführen. Konfigurationen und Updates dürfen nach wie vor nur lokal vorgenommen werden.

Schnelle Reaktion und präventive Wartung

Einen Schritt weiter in Richtung intelligentes Gebäude geht die Anbindung der BMA an eine Cloud. Eine Brandmeldeanlage produziert laufend Daten. Mit einer Cloud-Anbindung lassen sich diese Daten in Echtzeit analysieren und bei Unregelmässigkeiten kann schneller reagiert werden. Mit modernen Brandmeldern, die sich selbst testen, werden Vorstufen von Brandereignissen schnell erkannt. Ausserdem werden die Daten in der Cloud langfristig gespeichert. Dadurch lassen sich wichtige Kennzahlen wie Ausschaltungen, Störungen oder Voralarme als regelmässige Reports generieren. Mit diesen haben die Kunden die Sicherheit, dass ihre Anlagen funktionsbereit sind, und zudem dienen sie als Beweis dafür, dass sie alles unternommen haben, um die Sicherheit zu gewährleisten – zum Beispiel gegenüber Versicherungen nach einem Brandfall. Die historischen Daten bieten ausserdem mithilfe von künstlicher Intelligenz ­Anhaltspunkte für präventive Wartungsarbeiten. So lassen sich Ausfälle verhindern, allen voran die des Akkus: BMA verfügen über einen Akku, der sie bei einem Stromausfall je nach Gebäude 12 bis 24 Stunden mit Strom versorgen muss. Ohne intelligente Datenanalyse lässt sich kaum vorhersehen, wann ein Akku ersetzt werden muss. Wenn beispielsweise die Daten der Ladekurve in der Cloud analysiert werden können, lässt sich der Ersatz einplanen, ohne Gefahr zu laufen, dass der Akku im wichtigsten Moment den Geist aufgibt. Eine weitere Komponente, die regelmässig ersetzt werden muss, sind die Brandmelder. Anhand des Verschmutzungsgrades der Melder, welcher automatisiert und periodisch abgefragt wird, kann zum Beispiel ein frühzeitiger Austausch geplant werden.

Brände rekonstruieren

Nach einem Brand sind die Daten einer lokal installierten BMA meist nicht mehr zugänglich. In der Cloud hingegen sind sie gesichert. Sie können helfen, den Ablauf eines Brands zu rekonstruieren und Schlüsse für die Zukunft zu ziehen: Welcher Brandmelder hat zuerst ausgelöst? Wie ging es danach weiter? Algorithmen helfen zudem, in den Daten Muster zu erkennen: Wenn man zum Beispiel merkt, dass öfters um 10 Uhr ein Voralarm durch ein und denselben Melder ausgelöst wird, könnte man überprüfen, was zu dieser Zeit jeweils in diesem Raum passiert. Möglicherweise lassen sich mit organisatorischen Massnahmen Fehlalarme verhindern.

Weniger Zeit vor Ort und konforme Logbucheinträge

Durch Remote Support sind weniger Einsätze vor Ort nötig. Viele Unternehmen empfinden Wartungsarbeiten als störend, insbesondere, wenn der Tagesbetrieb dadurch eingeschränkt wird. Während der Coronapandemie verschoben viele Unternehmen die Anlagenrevision, weil sie die Weisung hatten, keine externen Personen in das Unternehmen zu lassen. Ohne eine Remote-Verbindung zum Errichter sind solche Verschiebungen jedoch mit einem Risiko verbunden. Im schlimmsten Fall merkten die Firmen nicht einmal, dass ihre Anlage nicht funktionstüchtig war. Es ist sowohl für die Kunden als auch für die Errichter ein Zeitgewinn, wenn Wartungsmassnahmen remote vorgenommen werden können. Und nicht zuletzt profitiert auch die Umwelt, da weniger Fahrten gemacht werden müssen. Ein weiterer Vorteil einer Cloud-Lösung ist ein elektronisches Logbuch: Sämtliche Arbeiten an einer BMA müssen in einem Logbuch dokumentiert werden. Papier-Logbücher sind oft unvollständig oder der Eintrag ist nicht gesetzeskonform. Bei einem elektronischen Logbuch hingegen werden automatisch alle Ereignisse gesetzeskonform dokumentiert und sicher gespeichert.

Blick in die Zukunft

Es ist davon auszugehen, dass in den nächsten drei bis fünf Jahren die meisten BMA mit der Cloud verbunden werden. Mit künstlicher Intelligenz kann die Sicherheit in Gebäuden noch weiter erhöht werden: Verbesserte Sensorik der Melder und intelligente Algorithmen werden helfen, Muster von potenziellen Brandereignissen frühzeitig zu erkennen. Durch Building Information Modeling (BIM) und den stetigen Wunsch nach mehr Komfort werden Gebäude immer intelligenter – und der Komfort lässt sich nur mit Digitalisierung steigern. Wenn BMA bereits Teil des BIM-Modells sind, lassen sich Konflikte bei der Positionierung von Meldern vermeiden. Solche treten zum Beispiel oft im Zusammenhang mit Lüftungsleitungen oder Kabelführungen auf. Im Betrieb ist es für die Betreiber insbesondere bei der Beschaffung von Ersatzteilen ein grosser Vorteil, wenn sie vir­tuell durch das Gebäude navigieren können und alle Informationen über die verwendeten Bauteile in einer Datenbank haben. Für eine Cloud-Anbindung von BMA spricht zudem, dass bei der Gebäudetechnik immer öfter Systeme von mehreren Herstellern zusammen funktionieren müssen – sei dies auf Wunsch der Kunden oder weil bei komplexen Gebäuden selbst grosse Anbieter nicht mehr die gesamte Infrastruktur allein bewerkstelligen können. Errichter müssen sich jedoch bewusst sein, dass der Datenschutz für einige Kunden ein Argument gegen eine Cloud-Verbindung ist und dieses Thema darum angemessen kommuniziert werden muss. Die technischen Möglichkeiten für eine sichere Datenübertragung sind ausgereift, mit sicheren VPN-Verbindungen, Firewalls und eingeschränkten Endpunkten. Für kritische Infrastrukturen etwa wird es jedoch ein Abwägen zwischen besserer Absicherung gegen Brandfälle und besserer Absicherung gegen Cyberangriffe bleiben. Eine Anbindung wird somit auch in Zukunft kein gesetzliches Muss sein – angesichts der zahlreichen Vorteile für die zusätzliche Sicherheit für Menschen, Gebäude und Sachwerte sowie der verbesserten Effizienz von Wartungs- und Ernstfallmassnahmen ist eine Anbindung jedoch ein äusserst lohnender Schritt.

Es ist davon auszugehen, dass in den nächsten drei bis fünf Jahren die meisten BMA mit der Cloud verbunden werden.

Zum Autor: Kurt ­Girschweiler, Obmann TAK Brandmeldeanlagen, Verband Schweizerischer Errichter von Sicherheitsanlagen (SES), www.sicher-ses.ch

 
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