Brandsichere Holzhochhäuser

Das Bauen mit Holz boomt. Der Baustoff ist flexibel einsetzbar und überzeugt auch punkto Nachhaltigkeit. Dank angepasster Brandschutzbestimmungen kann Holz seit einigen Jahren in der Schweiz auch im Hochhausbau eingesetzt werden.

Brandsichere Holzhochhäuser
Das «Arbo» unmittelbar neben dem Bahnhof Rotkreuz ist mit 60 Metern das bisher höchste Holzhochhaus der Schweiz. © Zug Estates

Das vergangene Jahrhundert war das Jahrhundert von Beton und Stahl, wie ein Grossteil unserer Gebäude und Infrastruktur eindrucksvoll bezeugt. Holz hingegen fristete lange Zeit ein Nischendasein – dies nicht zuletzt aufgrund strenger Brandschutzbestimmungen. Es war zwar für den Dachstuhl ganz nützlich, vielleicht auch für die atmosphärische Aufhübschung oder für das Chalet in den Bergen. Doch bei der Grossüberbauung, beim Einfamilienhaus und bei der Strassenbrücke gab landauf, landab der Beton den Ton an. In den letzten Jahren jedoch zeichnet sich eine klare Trendwende ab. Holz feiert sein Comeback und findet in immer mehr Bauten Anwendung.

Fortschrittliche Digitalisierung

Dafür gebe es gute Gründe, erklärt Thomas Rohner, Professor für Holzbau und BIM an der Berner Fachhochschule (BFH). «Bauen mit Holz geht schneller, ist präziser und ermöglicht eine höhere Termin- und Kostensicherheit», nennt er einige Vorteile, von denen etwa Bauherrschaften und Investoren profitieren. Dazu trägt auch die Digitalisierung bei, denn Holzbauten lassen sich ausgezeichnet mit Building Information Modeling (BIM) planen. Die Holzbaubranche arbeitet bereits seit Jahrzenten mit 3D-Modellierungen und weiss dank dieser Erfahrung, wie man Produktionsdaten in ein BIM-­Modell implementiert.

In Modulen erstellt

Ein weiterer Grund ist die Modulbauweise, in der die meisten Holzkonstruktionen realisiert werden. Statt auf der Baustelle können Fachleute in trockenen, sicheren und gut ausgerüsteten Produktionshallen die einzelnen Elemente millimetergenau vorbereiten. Vor Ort sind die Teile dann rasch montiert. Der Rohbau muss auch nicht austrocknen, wie das bei Beton der Fall ist. Der Bauprozess verkürzt sich so, die Immobilie kann früher bezogen werden und bringt damit früher Mieteinnahmen. Insbesondere bei Grossprojekten sind dadurch beträchtliche Kosteneinsparungen respektive höhere Einnahmen möglich.

Überzeugende Lebensdauer

Wer auf Holz als Baustoff setzt, tut nicht nur dem eigenen Geldbeutel etwas Gutes, sondern auch der Umwelt. Schweizer Holz ist CO2-neutral, weil nur so viel Wald gerodet wird, wie wieder nachwächst. Zudem sind die Transportwege sehr kurz, was ebenfalls zu einer Emis­sionsreduktion führt. Im Gegensatz zu vielen anderen Materialien ist bei Holz auch die Entsorgung am Ende der Lebensdauer unproblematisch: Wenn man es verbrennt, wird nicht mehr CO2 freigesetzt, als ursprünglich eingebunden wurde. «So schnell muss man es aber nicht entsorgen», ergänzt Thomas Rohner. «Bei den Baustoffen hat Holz mit Ausnahme von Naturstein die längste nachgewiesene Lebensdauer.»

Brandschutz gewährleistet

Während in früheren Zeiten Brände ganze aus Holz gebaute Dörfer und Städte in Schutt und Asche legen konnten, ist der moderne Holzbau bezüglich Brandschutz sehr sicher geworden. Bei Hochhäusern aus Holz erarbeiten die Verantwortlichen ein Brandschutzkonzept, das beispielsweise eine konsequente Kapselung der Holzelemente beinhaltet. «Das bedeutet, dass das Feuer nicht auf benachbarte Räume übergreifen kann, wenn ein Raum oder eine Wohnung in Brand gerät», erklärt Rohner. Auch die Ausbreitung eines Brandes über die Fassade, wie dies tragischerweise 2017 beim Grenfell Tower in London geschah, kann mit entsprechenden baulichen Massnahmen – sogenannten Brandriegeln – verhindert werden. Apropos Brandfall: Holz kann zwar brennen, ist aber aus konstruktiver Sicht dennoch sicherer als Stahl. Während Letzterer nämlich seine Festigkeit bereits bei tiefen Brandtemperaturen verliert und die Konstruktion instabil wird, verliert Holz auch bei oberflächlichem Brand seine Festigkeit nicht.

Höchstes Holzhochhaus der Schweiz

Die seit 2015 gültige revidierte Schweizer Brandschutzverordnung trägt den neuen Erkenntnissen im Umgang mit Holz Rechnung. Konkret wurden die Anforderungen an den Feuerwiderstand und die Materialisierung von Bauteilen getrennt. Neu gilt ein Feuerwiderstand von 60 Minuten – unabhängig davon, ob das Bauteil brennbar oder nicht brennbar ist. Entscheidend ist nur, dass es im Brandfall die geforderten Eigenschaften während 60 Minuten nicht verliert. Mit dieser Anpassung wurde in der Schweiz der Bau von Holzhochhäusern möglich. Bereits 2018 konnte auf dem Suurstoffi-Areal in Risch Rotkreuz ZG das erste Holzhochhaus der Schweiz fertiggestellt werden. Im Herbst 2019 kam mit «Arbo», das zum Campus der HSLU gehört, ein weiteres Holzhochhaus auf dem Areal dazu. Es ragt mit seinen 15 Stockwerken direkt neben dem Bahnhof Rotkreuz stolze 60 Meter in die Höhe. Damit ist «Arbo» das bisher höchste Holzhochhaus der Schweiz.

Löschanlage und spezielles Treppenhaus

Der Brandschutz wird durch eine Kombination aus technischen und baulichen Massnahmen gewährleistet: Die Immobilie verfügt über einen Sprinklervollschutz und eine Brandmeldevollüberwachung. Dadurch können gewisse Holzbauteile wie Stützen, Unterzüge und Rippen sichtbar belassen werden. Zudem darf durch dieses sogenannte Löschanlagenprinzip der erforderliche Feuerwiderstand von 90 auf 60 Minuten reduziert werden. Das optimiert die Wirtschaftlichkeit der Brandschutzmassnahmen bei gleichbleibendem Schutzniveau.
Ein Sicherheitstreppenhaus im Beton­kern des Gebäudes erschliesst alle Stockwerke und bietet den Nutzenden im Brandfall einen geschützten Ausgang. Das Treppenhaus ist mit einer Brandmeldeanlage mit Vollüberwachung verbunden und gegen Rauch geschützt. Wenn die Sensoren Rauch erfassen, wird das Treppenhaus in Überdruck versetzt, was das Eindringen von Rauchgasen verhindert. Die Nutzenden im «Arbo» sind damit in einem Brandfall genauso gut geschützt wie in einem herkömmlichen Hochhaus aus Beton und Stahl.

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