Das Einmaleins der Kabeltrassen
Als Kabeltrassen kann man allgemein alle Wege bezeichnen, über die Strom oder Daten transportiert werden, sei es in der Erde, über Freileitungen oder Stromschienensysteme. Oder auch via fest installierte Systeme in Schächten. Nachfolgend soll aber der Fokus auf die in Gebäuden und insbesondere sicherheitskritischen Umgebungen wie beispielsweise in Rechenzentren und Leitstellen verlegten bzw. zu verlegenden Trassen gelegt werden, welche mit Tragsystemen abgehängt werden.

Bevor ein Kabel auf die Trasse gelegt wird, bedarf es einer Anzahl vorbereitender Planungen, welche in der Praxis selten mit der notwendigen Sorgfalt umgesetzt, teilweise aber auch von Auftraggebern nicht gefordert werden. Nachfolgend einige Hinweise und Anregungen, welche bei der nächsten Baumassnahme umgesetzt werden können:
- Am Anfang steht eine (oder mehrere) technische Anlage(n), die zu verkabeln ist (sind). Hier ist es wichtig, dass der Planer bzw. Lieferant die entsprechenden Schemata als Planungskonzept entwickelt. Dabei sollten sich die benötigten Leistungsparameter, Funktionseinheiten und Materialparameter wiederfinden.
- Werden die Funktionseinheiten bzw. technischen Anlagen mit dem im Haus verwendeten Kennzeichnungssystem versehen, besteht von Anfang an eine eindeutige Grundlage für alle beteiligten Gewerke in der Realisierung von Schnittstellen.
- Die Start- und Zielpunkte sollten sowohl in Betriebsmittel-Lageplänen als auch später in den Kabelzuglisten integriert sein.
- Nun beginnt die wichtigste Arbeit eines Planers: Die entsprechenden Kabelwege müssen gefunden und festgelegt werden. Grössere Planungsbüros gehen mittlerweile den Weg einer 3D-gestützten Trassenplanung, um Kollisionen mit anderen Medien (Wasser-/ oder Abwasserrohre, Heizungsrohre, Lüftungsschächte usw.) zu erkennen und auch frühzeitig den Anforderungen, z.B. denen einer normgerechten Brandschottung, zu entsprechen. Auch kann man Forderungen des Nutzers, z.B. nach redundanten Kabelwegen, entsprechen.
- Für die IT-Verkabelung besteht oft ausschliesslich die Planungsaufgabe, entsprechende Trassensysteme, meist als Kabelrinnen, in die Planung zu integrieren, da die Belegung entweder im Auftrag des Nutzers von einer anderen Firma übernommen wird oder man dieses vom eigenen Betriebspersonal nach Fertigstellung umsetzen möchte. Wie gross müssen die Trassen sein? Wie viele Datenkabel gilt es zu integrieren? Gibt es Anforderungen an Kurvenradien? Können unterschiedliche Kabelsysteme auf einer Kabelrinne verlegt werden? Fragen über Fragen, die frühzeitig und unter aller Beteiligung zu klären sind.
- Im Ergebnis sollten folgende Parameter festgelegt sein:
a. Spannungslevel
b. Kabelaussendurchmesser
c. Biegeradius
d. Kabeltypbezeichnung
e. Art (flexibel oder starr)
f. Besondere Kabel (z.B. LWL)
g. Start- und Zielort
h. Beschriftung
i. Eigen-/Fremdbeschaffung oder beigestellt
j. Art der Befestigung
k. Notwendige Spannungslevel-Trennung (nach VDE) - Je länger die Kabelwege und je teurer die Kabelpreise, um so wichtiger ist eine ganzheitliche, ressourcensparende Kabeltrassenplanung.
- Die Berechnung der Kabellängen ist die Grundlage dafür, um die Kabelmengen bereits frühzeitig zu ermitteln. Dies kann cad-unterstützt in Datenbanken (Kabelrouting) erfolgen oder (bei kleineren Vorhaben) auch mit Tabellenkalkulationsprogrammen wie Excel. Die Ergebnisse sind dann die bekannten Kabelzuglisten. Daraus müssen dann die entsprechenden Belegungslisten für jede einzelne Kabelpritsche erstellt werden. Optimal ebenfalls datenbankbasiert! Warum? Jedes Kabel hat sein spezifisches Gewicht auf einer bestimmten Länge und bildet die Grundlage für die Ausprägung der Halterungen und der Trassengrösse.
- Ist die Pritschengrösse (meist mit 25 Prozent Reserve) ausgewählt, gilt es die Dimensionierung der Halterungen vorzunehmen. Aus Erfahrung können die Redaktoren des SicherheitsForum gerade im Bereich der Rechenzentren davon berichten, dass Pritschen bereits bei der Abnahme ohne die Belegung nutzereigener Verkabelungen «durchhängen». Warum? Deshalb sollte Bestandteil jeder Planung die Berechnung einer maximal zulässigen Kabellast nach DIN VDE 0639 T1 unter Berücksichtigung der bereits festgelegten Kabel und der herstellerspezifischen Kabelgewichte (sind auf jedem Datenblatt der Hersteller angegeben) sein. Auf dieser Grundlage hat jeder Nutzer die Möglichkeit, seine zusätzlichen Installationen bis zur Maximalbelastung ebenfalls zu berechnen. Und der Installateur hat die Grundlage für die Auswahl des notwendigen Halterungssystems und seiner Belastung. Siemens-Lufthaken sind dabei die schlechteste Lösung!
- Nebeneffekt der Berechnungen: Es kann eine gleichmässige Lastverteilung angestrebt werden!
- Auch ist abzuwägen, ob einseitige Trassenhalterungen (insbesondere bei Decken) ausreichen oder eine beidseitige Halterung notwendig ist. Gerade beim Nachziehen von Kabeln bedeutet dies, dass das Kabel durch jede Halterung durchgefädelt werden muss.
- Kabelzüge werden heute gerade bei grösseren Projekten unabhängig von der Nutzung (Stark- oder Schwachstromkabel) von einer Firma realisiert. Deshalb sollte auch darüber nachgedacht werden, die Konzeption, Planung bis hin zur Betreuung der Umsetzung von darauf spezialisierten Planungsbüros begleiten zu lassen.
- So ist auch garantiert, dass die Abschlussdokumentation des Errichters auch den letztlich verbauten Zustand widerspiegelt.
Dieser Fachbericht erschien ursprünglich in der gedruckten Ausgabe SicherheitsForum 5-2021.
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