Goldener Windbeutel: Dreiste Werbelügen, die bereits Babys schaden
Goldener Windbeutel 2017 für Alete: Bei einer Online-Abstimmung der Verbraucherorganisation foodwatch wählte eine grosse Mehrheit der mehr als 70 000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer einen zuckrigen Babykeks des Herstellers zur dreistesten Werbelüge des Jahres.
Die Verbraucherorganisation foodwatch vergibt alljährlich den „Goldenen Windbeutel“ als aufrüttelnden Preis für dreiste Werbelügen im Bereich Nahrungsmittel & Ernährung. Alete erhielt nun den 1. Platz, da sie ihren „Babykeks“ entgegen den Empfehlungen von Medizinern schon für Säuglinge ab dem achten Monat „zum Knabbernlernen“ vermarktet – dabei sind die Babykekse mit 25 Prozent Zuckeranteil sogar zuckriger als Leibniz Butterkekse und fördern Karies. foodwatch wollte den Negativpreis am Alete-Verwaltungssitz in Bad Homburg überreichen, aber das Unternehmen verweigerte jeglichen Kommentar.
Bei 30 Prozent seiner Babyprodukte ist Zucker beigemischt
„Alete nutzt sein positives Image bei Eltern aus, um auf Kosten der Kleinsten Kasse zu machen – das grenzt an Körperverletzung durch Irreführung“, sagte Sophie Unger von foodwatch, „Wahlleiterin“ beim Goldenen Windbeutel. Die Verbraucherorganisation forderte den Babynahrungshersteller auf, das Produkt vom Markt zu nehmen und sein Sortiment zu überarbeiten. Denn obwohl Ärzte und Ernährungsexperten von zugesetztem Zucker für Babys abraten, hat Alete etwa 30 Prozent seiner Babyprodukte Zucker beigemischt, unter anderem Joghurts, Griessbrei, Puddings oder auch Keksen. Verbraucherinnen und Verbraucher können den Aufruf an Alete unter www.alete-aktion.foodwatch.de unterstützen.
WHO eindeutig, EU-Verordnung widersprüchlich
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) rät explizit für die Ernährung von Säuglingen und Kleinkindern: „Salz und Zucker sollten nicht in Beikost zugesetzt sein”. Auch das von der Bundesregierung ins Leben gerufene Netzwerk „Gesund ins Leben“ empfiehlt als Beikost für Säuglinge „Produkte ohne Zugabe von Zucker“. Alete vermarktet seinen zuckrigen Keks dennoch ab dem achten Lebensmonat – und das ganz legal. Denn die EU-Verordnung über Babylebensmittel lässt Lücken: Zwar gibt es zum Beispiel Vorgaben für die Belastung mit Pestiziden, aber selbst Kekse mit einem Zuckergehalt von bis zu 34 Prozent dürfen noch als empfehlenswerte Produkte für Säuglinge beworben werden. Nach dem Start der Windbeutel-Wahl hatte Alete reagiert und Anfang November angekündigt, seine Kekse immerhin nicht länger auf der Packung als „babygerecht“ zu bezeichnen. Sophie Unger von foodwatch: „Der Babynahrungshersteller Alete will seine Babykekse nicht länger als ‚babygerecht‘ bezeichnen, empfiehlt die Zuckerkekse aber weiter für Babys – wie absurd ist das denn! Alete nutzt die rechtlichen Lücken besonders dreist aus. Der Fall macht deutlich: Wir brauchen dringend bessere gesetzliche Vorgaben für Babylebensmittel.“
Prof. Dr. Wieland Kiess, Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin an der Universität Leipzig, erklärte gegenüber foodwatch: „Säuglinge sollten keine Produkte mit zugesetztem Zucker essen, um zum Beispiel Entstehung von Karies und eine frühe Süssgewöhnung zu vermeiden. Die Ernährung in den ersten Lebensmonaten ist prägend und beeinflusst das spätere Ernährungsverhalten eines Menschen. Einen Keks mit 25 Prozent Zucker für Babys zu empfehlen, ist schlicht verantwortungslos.“
Zum Hintergrund
foodwatch vergibt den Goldenen Windbeutel in diesem Jahr zum siebten Mal. Die erste Wahl fand 2009 statt. Bisherige Preisträger waren unter anderem der Trinkjoghurt Actimel von Danone (2009), die Milch-Schnitte von Ferrero (2011) und ein Instant-Tee für Kinder von Hipp (2012). Ziel ist es, mit dem Negativpreis auf die systematische, ganz legale Irreführung bei Lebensmitteln hinzuweisen und bessere Gesetze zu erwirken.
Kandidaten-Steckbriefe für den Goldenen Windbeutel 2017
Online-Protestaktion „Alete: Kein Zucker für Babys“
TV-Statements zu allen Kandidaten