Flugsicherheit: Prüfstand für Drohnen-Kollisionstests

Berichte über Beinahe-Kollisionen zwischen Verkehrsflugzeugen und unbemannten Luftfahrzeugen häufen sich. Für Flugzeuge sind Tests gegen Vogelschlag vorgeschrieben, für die Sicherheit bei Zusammenstössen mit Drohnen gibt es bislang keine standardisierten Prüfverfahren. Das soll sich ändern.

Drohnenschlag
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Drohnenschlag
© Michael May

Drohnen beeinträchtigen zunehmend den Flugverkehr, die Bundespolizei warnt sogar vor einer massiven Gefährdung durch unbemannte Luftfahrzeuge. 2018 wurden 158 Vorfälle an deutschen Flughäfen gemeldet. Anfang Mai dieses Jahres musste der Flugbetrieb am Frankfurter Flughafen wegen der Sichtung einer Drohne kurzzeitig komplett eingestellt werden. Drohnen gefährden nicht nur landende Verkehrsflugzeuge, bedroht sind auch tief fliegende Helikopter. Von Piloten besonders gefürchtet wird der Aufprall auf die Cockpitscheiben, die Flügelvorderkanten und das Triebwerk. Nach Expertenmeinung schädigt ein Zusammenstoss mit Drohnen Luftfahrtbauteile massiver als eine Kollision mit einem Vogel. Während jedoch die Toleranz eines Luftfahrzeugs gegenüber Vogelschlag für die Zulassung durch standardisierte Testverfahren nachgewiesen werden muss, existieren für die Sicherheit bei Kollisionen mit Drohnen keine entsprechenden Vorschriften. Ein Forscherteam am Fraunhofer Ernst-Mach-Institut (EMI) in Freiburg sieht hier grossen Handlungsbedarf. «Drohnen verhalten sich rein mechanisch nicht wie Vögel und wiegen zudem deutlich mehr. Daher ist es unklar, ob die Sicherheit eines vogelschlagsicheren Flugzeugs im Fall einer Kollision mit einer Drohne gewährleistet ist», sagt EMI-Wissenschaftler Sebastian Schopferer.

Hohes Gefährdungspotenzial

Erste Aufpralltests mit Drohnenbatterien und -motoren bestätigten das Gefährdungspotenzial. «Wir haben diese beiden Komponenten eines handelsüblichen Quadrokopters mit einem Druckluftbeschleuniger auf unterschiedliche Geschwindigkeiten – zwischen 115 und 255 Meter pro Sekunde – gebracht und auf flache, in einem Prüfstand eingespannte, bis zu acht Millimeter dicke Aluminiumplatten aufprallen lassen. Dabei wurden die Platten erheblich verformt und eingebeult, die Drohnenkomponenten vollständig zerstört», kommentiert Schopferer die Versuchsergebnisse, die von einer Hochgeschwindigkeits-Videokamera aufgezeichnet wurden. Batterien und Motoren können aufgrund ihres Gewichts besonders grossen Schaden anrichten.

Primäres Ziel der Versuchsreihen mit den genannten Komponenten ist es, den Impulsübertrag beim Aufschlag zu ermitteln und das Schädigungsbild an Flugzeugmaterialien, wie Aluminiumlegierungen und Faserverbundwerkstoffen, zu untersuchen. Zusätzlich zu diesen dynamischen Untersuchungen werden quasistatische Druckversuche durchgeführt, um Parameter wie Steifigkeiten und Festigkeiten der Komponenten bestimmen zu können. Diese spielen eine elementare Rolle bei der Ableitung numerisch effizienter, prognosefähiger Simulationsmodelle, welche die Luftfahrtindustrie nutzen kann, um neue, wichtige Erkenntnisse zum Aufprallverhalten von Drohnen zu erlangen. Hiermit lassen sich schon während der Designphase Aussagen über die Drohnenschlagfestigkeit neuartiger Flugzeugkomponenten treffen.

Beschleunigungstests mit kompletten Drohnen

Im nächsten Schritt planen die Forscher des Fraunhofer-Instituts für Kurzzeitdynamik, EMI, den Aufbau eines neuartigen Teststands (siehe Bild unten). Der Teststand ermöglicht es, komplette Drohnen bis zu einem Gewicht von drei Kilogramm auf Geschwindigkeiten von bis zu 150 Metern pro Sekunde zu beschleunigen. «Damit untersuchen wir das Aufprall- und Fragmentierungsverhalten von ganzen Drohnen beim Impakt auf starre und flexible Ziele, um die vermutete katastrophale Wirkung einer Kollision mit Flugzeugen zu studieren. Versuche in dieser Drohnen-Gewichtsklasse sind bislang weltweit einzigartig», erläutert Schopferer. Die Experimente werden mit verschiedenen Varianten durchgeführt, sowohl Hobby- als auch semiprofessionelle Modelle mit einer Masse von einem bis zu drei Kilogramm werden zum Einsatz kommen. Nicht nur Flugzeughersteller sollen von den Tests profitieren, auch Zulassungsbehörden werden mit den Ergebnissen wichtige Informationen erhalten, um die von Drohnen ausgehende Gefährdung für den Luftverkehr umfassender bewerten zu können.

Text: Fraunhofer-Institut für Kurzzeitdynamik, EMI

Drohnenschlag
Fragmente der Batterie im Prüfstand nach dem Aufpralltest auf eine Aluminiumplatte.
© Fraunhofer EMI

 

Schweiz übernimmt EU-Bestimmungen zu Drohnen

Die Schweiz hat kürzlich die verschiedene Bestimmungen der Europäischen Union zur Flug- und Luftsicherheit sowie zum Flugverkehrsmanagement in den Anhang des Luftverkehrsabkommens aufgenommen. Der wichtigste Rechtsakt ist die neue europäische Rahmenverordnung für die Flugsicherheit. Diese deckt insbesondere auch unbemannte Luftfahrzeuge (Drohnen) ab.

Die neue Drohnenregulierung verlangt, dass ab Juni 2020 eine Registrierungspflicht für Drohnenpiloten gilt. Das BAZL hat mit den Umsetzungsarbeiten für die Einführung der europäischen Regelung begonnen. Diese erlaubt es Drohnenpiloten, künftig im gesamten europäischen Luftraum nach den gleichen Regeln zu fliegen. Mehr zur neuen Regelung hier

 

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