Erste GHS-Erfahrungen

Das Globally Harmonized System zur Kennzeichnung und Klassifizierung von Gefahrstoffen ist seit Mitte 2015 auch in der Schweiz vollständig eingeführt. Der 5. Gefahrstofftag Schweiz der Swiss TS zeigte unter anderem auf, was die ersten Erfahrungen mit dem System sind und wo es noch Unklarheiten gibt.

 

Der 5. Gefahrstofftag Schweiz zog einen roten Faden von GHS (Globally Harmonized System) und dessen Umsetzung über die Folgen einer unsachgemässen Entsorgung von Chemikalien sowie über den Dauerbrenner Sicherheitsdatenblatt bis hin zu verschiedenen Workshops.

Erfahrungen mit GHS

Das Globally Harmonized System zur weltweit einheitlichen Klassifizierung und Kennzeichnung von Gefahrstoffen ist in der Schweiz seit Anfang Juli 2015 vollständig eingeführt, es laufen die letzten Abverkaufsfristen. Markus Hofmann vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) zeigte einführend auf, was bereits erreicht wurde und was noch zu tun ist. «Das GHS ist besonders in Zeiten des globalisierten Handels unbedingt nötig, wir brauchten ein System mit harmonisierten Kriterien», sagte er. Hofmann teilte erste Erfahrungswerte mit den Teilnehmenden und ging auf verschiedene Szenarien und Spezialregelungen ein. Unklarheiten erkennt er noch in diversen Fragen und er sieht auch einen weiterhin grossen Informationsbedarf. Ein wichtiger Punkt ist für Hofmann: «GHS beantwortet die Frage, ob es eine Gefahr gibt. GHS ist aber noch kein Risikomanagement.»

Ans Fass klopfen reicht nicht

«Eigentlich bin ich mit diesem Vortrag 73 Tage zu spät», sagte dann Benjamin U. Müller, Geschäftsführer des Konsortiums SMDK und Gesamtprojektleiter für die Sanierung der Sondermülldeponie in Kölliken. «Seit 73 Tagen gibt es bei uns nämlich keinen Sondermüll mehr und wir unterliegen nicht mehr der Störfallverordnung.» Trotzdem fesselten seine Erzählungen rund um die Folgen und Auswirkungen einer unsachgemässen Entsorgung von Gefahrstoffen die Teilnehmenden. «Damals drängte die Zeit, Gewerbe und Behörden brauchten eine Deponie. In der ehemaligen Tongrube und an einer Hanglage sowie ohne genaue Standortevaluation und ohne Abdichtung wurde die Sondermülldeponie eröffnet. Man klopfte einfach an die Fässer, um zu kontrollieren, ob verbotene Flüssigkeiten drin waren. Mehr wusste man nur aufgrund der Selbstdeklaration der Fässer durch die Lieferanten, eine Analyse gab es meist nicht», erzählte Müller.

Die Geschichte ist bekannt. Es stank in Kölliken, die Bevölkerung litt und das Grundwasser wurde verschmutzt. Man beschloss die Sanierung und den Rückbau der Deponie. Inzwischen wurden mehr als 628’000 Tonnen Material rückgebaut. Das Projekt kostete 150 Millionen Schweizer Franken in der Sicherungsphase und 711 Millionen Franken während dem Deponierückbau. Die Nachsorge wird nochmals rund 25 Millionen Franken kosten.

Dauerbrenner Sicherheitsdatenblätter

Bojan Gasic, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco), verband Theorie und Praxis und widmete sich den Sicherheitsdatenblättern, die unter den Verantwortlichen in Unternehmen immer wieder Fragen aufwerfen. «Ein Sicherheitsdatenblatt ist ein Teil der Selbstkontrolle der Hersteller», sagte Gasic. «Das ist aber ganz und gar kein Freipass!» Er betonte, wie wichtig diese SDB für das Treffen erforderlicher Massnahmen rund um den Gesundheitsschutz, die Sicherheit am Arbeitsplatz, den Umweltschutz und die Kommunikation in der Lieferkette sind. Und er ging auf diverse Unklarheiten und Sonderfälle ein und unterstrich: «Der Teufel liegt oft im Detail. Man muss ganz genau kontrollieren, ob das SDB korrekt ist, auch wenn man einen Gefahrstoff nur importierte. Denn ein Importeur gilt als Hersteller.»

Workshops

Am Nachmittag des 5. Gefahrstofftags Schweiz fanden verschiedene parallele Workshops statt, um die unterschiedlichen Interessen der Teilnehmenden zu berücksichtigen. Volker Wittmann, Projektleiter der Swiss TS Technical Services AG, sprach mit einer Gruppe über Explosionszonen bei Gefahrstoffen: «Risiken zu erkennen ist nicht ganz einfach», sagte Wittmann, zeigte den Teilnehmenden aber auch Wege und Methoden auf, ihre Verantwortungen bestmöglich wahrzunehmen. Christoph Blülle von der Maagtechnic AG und Johanna Hühn von der KCL GmbH nahmen sich dem Angebot an Handschuhen gegen Chemikalien in Ex-Zonen an. «Nicht jeder Schutzhandschuh ist für jede Chemikalie geeignet», betonte Hühn.

Auch den ganz individuellen Fragen der Teilnehmenden wurde in einem Workshop Platz eingeräumt. Matthias Mettke, Tagungsleiter sowie Gefahrgut- und Gefahrstoffexperte der Swiss TS, beantwortete Fragen und Sorgen aus dem Plenum: Ab wann muss ein Produkt beim BAG gemeldet werden, braucht man ein SDB mit neuer Kennzeichnung auch für bereits angebrauchte Produkte, fallen wir noch unter die Störfallverordnung, dürfen wir ein SDB selber umschreiben und ergänzen, was ist sinnvoll und was ist Gesetz, können Piktogramme auch nur schwarz sein und wo bewahrt man ein SDB am besten auf?

Information und Beratung

Solche und viele weitere Fragen wurden ausführlich und teilweise kontrovers diskutiert. Sie machten deutlich, dass der Umgang mit Gefahrstoffen eine regelmässige Information und in vielen Fällen auch eine kompetente Beratung nötig macht. Auch deshalb darf man bereits wieder auf den nächsten, 6. Gefahrstofftag Schweiz, gespannt sein. Er wird am 10. November 2016 stattfinden. Das Programm wird ab Sommer 2016 unter www.gefahrstofftag.ch ersichtlich sein.

Von Stefan Kühnis, Freischaffender Journalist BR mit Fachgebiet Sicherheit, im Auftrag der Swiss TS Technical Services AG

 

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