Exkursion bei DSM

Die Studiengruppe der SGIG tagte Ende letzten Jahres bei der DSM in Sisseln. Die niedrige Unfallquote des aargauischen Chemiekonzerns führt das Unternehmen auf eine differenzierte «Bottom-up»-Feedbackkultur zurück. Wo jedoch mit sehr vielen chemischen Stoffen gearbeitet wird, sind auch Arbeitshygieniker und komplexe Gefahrstoffanalysen gefragt.

Vitamins, pharmaceuticals and substances for the cosmetics industry and the food industry are manufactured at the DSM plant in Sisseln. Vitamin A is the group’s largest product, of which more than 20,000 tons are produced annually in 100 different qualities. More than 1000 employees work at the Sisseln site, 100 of them in development. The fact that everything throughout the chain is produced and formulated in Sisseln is considered a special feature of the Aargau production facility.

Only a very small number of accidents per year are recorded, said plant manager René Vroege at the Erfa autumn conference of the SGIG study group in Sisseln. However, a milestone has not yet been reached. DSM also invests around CHF 20 million a year in the Health and Safety Environment area. An ASGS officer must ensure that all employees can work in peace and efficiently, says Kaja Düsterloh, Head of SHE Compliance.

DSM
Various awareness-raising campaigns contribute to a high level of occupational safety: Markus Hurst, expert for occupational safety at DSM, spoke about this. Image: Simon Gröflin

Dabei sei es sehr wichtig, die Mitarbeitenden bei Fehlern nie zu verurteilen. Es gelte das Prinzip des Grund­vertrauens: «Alle wollen von Grund auf tagsüber einen guten Job machen; dabei ist aber niemand während des ganzen Tages zu 100 Prozent fokussiert.» Die Analyse eines Unfallhergangs fördere oft Erstaunliches zutage. Meist würden sich Unfälle in jenem Moment zutragen, zu welchem ein Arbeitsablauf bewusst anders angegangen werde. Auch Unaufmerksamkeit, beispielsweise nach einem erfolglosen oder hektischen Tag, sei eine häufige Unfallursache. So fokussiere man bei der DSM stark auf die Prävention und auf die Analyse sogenannter Beinaheunfälle. Der Austausch erfolge über die Hierarchien hinweg. Den Feedbacks der Mitarbeitenden werde viel Gehör geschenkt. Beispielsweise kam es bei der Einführung einer neuen Schutzbrille inklusive Sichtkorrektur zu vielen Beinahestolperunfällen. Eine solche Feedbackkultur sei auch essenziell für die Mitarbeiterkommunikation, um jederzeit die Verbesserungspotenziale auszuloten, so Düsterloh, denn besonders an hektischen Tagen neige man zu Müdigkeit und Selbstüberschätzung.

Mitarbeitende als Botschafter für Nichtberufsunfälle

Bezüglich der Erfassung sämtlicher Unfallhergänge werden bei DSM verschie­dene Statistiken geführt. Das Verhältnis zwischen Unfällen und Bagatellunfällen sei in den letzten Jahren in etwa identisch geblieben. Auch im letzten Jahr habe man bei den Betriebsunfällen ein Spitzenresultat erzielt, sagt Markus Hurst, Experte für Arbeitssicherheit bei DSM. Dazu setze man auf verschiedene Sensibilisierungskampagnen, begleitet von diversen Suva-Modulen wie dem Präventionsprogramm «Tatort Treppen» oder Praxistransfers von Lerneinheiten wie Sonnenschutz- und Rauchschutztrainings. Ein favorisierter Ansatz sei ein internes Trainingsprogramm namens «SafeStart» – nach dem Motto «Was man im Betrieb gelernt hat, soll man möglichst auch zu Hause anwenden».

Interne Kurzvideos von Mitarbeitenden sorgen für besondere Aufmerksamkeit. Freiwillige Mitarbeitende erzählen beispielsweise in kurzen Sequenzen von ca. zwei Minuten von einem persönlichen Beinaheunfallerlebnis wie Stolperunfällen mit einem Rasenmäher. Im Anschluss reflektieren die Videobotschafter selbst die möglichen Konsequenzen und Ursachen eines Unfalls, um die Arbeitskollegen auf das Thema zu sensibilisieren.

Sinn und Zweck: Durch das frühzeitige Erkennen der eigenen Verhaltensänderung bei persönlichen Erlebnissen unter den Mitarbeitenden lässt sich Prävention auch bei Nichtberufs­unfällen verbessern. Hält sich der Mitarbeitende bei der Nutzung von Treppen beispielsweise nicht an dem Handlauf, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass er im Falle eines Sturzes schwer verletzt wird. Im Wesentlichen geht es darum, dass ein frühes Erkennen des eigenen Gefühls­zustandes wie Hektik, Müdigkeit, Frus­tration und Selbstüberschätzung helfen soll, nicht selber in eine kritische Situa­tion zu geraten. Entscheidend bei der gesamten Präventionsarbeit sei daher die Verhaltensänderung eines jeden selbst. «Nur wenn Unfallrisiken frühzeitig erkannt und reflektiert werden, können Unfälle rechtzeitig vermieden werden», so der Arbeitsexperte.

Alle Stoffe können giftig sein, entscheidend ist die Dosis

Die chemische Exposition gegenüber bestimmten Stoffen kann jedoch die Lebenserwartung sowie Faktoren unter anderem zur Überempfindlichkeit, zu Allergien und das Krebsrisiko am Arbeitsplatz beeinflussen. Der Arbeitshygieneexperte Ludovic Vieille-Petit von DSM referierte unter anderem über seine Aufgabe, die Exposition gegenüber gesundheitsgefährdenden Stoffen am Arbeitsplatz zu quantifizieren und wie die systematischen Schutzmassnahmen in einem Chemiekonzern wahrgenommen werden.

«Auch eine bei geringen Dosen nichttoxische Substanz kann bei hohen Dosen toxisch wirken», so Vieille-Petit. Nebst der qualitativen Betrachtung der gesundheitskritischen Analyse umfasst die arbeitshygienische Risikoanalyse die quantitative Messung der Exposition gegenüber chemischen Stoffen am Arbeitsplatz sowie die wissenschaftliche Betrachtung der Toxizität in Zahlen. Relevant sind dabei unter anderem auch die Expositionsdauer und das Exposi­tionslevel der gemessenen Belastungen. Eine Risikoanalyse könne beispielsweise nicht ohne Expositionsermittlung erfolgen, um die entsprechenden Mass­nahmen zu definieren, so Vieille-Petit. Die DSM führt beispielsweise ein Inventar zu allen Produkten und deren Eigenschaften. Gesetzlich bestehe denn auch eine «universelle Forderung» respektive eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Ermittlung und Beherrschung der Gesundheitsrisiken, heisst es bei DSM. Die Arbeitgeber müssen die Gefährdungen und Expositionen kennen, bei welchen die technischen Schutzmassnahmen (auch «kollektive Schutzmassnahmen» genannt) eine hohe Priorität haben müssen.

Excursion at DSM
Arbeitshygieneexperte Ludovic Vieille-Petit von DSM referierte über die systematischen Schutzmassnahmen in einem Chemiekonzern. Bild: Simon Gröflin

Die eigentliche Aufnahme der Stoffe erfolgt generell durch den Mund, die Lunge, das Blut und/oder die Haut. Im Arbeitsumfeld sind die Atemwege und die Haut die relevantesten Expositionswege. Ausschlaggebend bei den Messungen von DSM sind Luftanalysen durch Probenahmen und die entsprechenden Ermittlungen im Labor. Bei der Analyse der Luftproben sei es essenziell, sicherzustellen, dass diese auf einer validierten Messmethode basiere. Bei der Methodenentwicklung muss sowohl die Probenahme als auch die analytische Bestimmung geprüft werden. Die Analytik müsse jeweils stoffspezifisch erfolgen, um den Stoff unter einer bestimmten Menge zuordnen zu können, sagt Vieille-Petit. Eine spezielle Exposi­tionsmatrix kennt 1–4 Klassifikationsstufen und ist nach verschiedenen Exposi­tionslevels und Zeitbelastungen eingeteilt.

The exposure measurements in the air are carried out by trained occupational hygienists or trained specialists. The substance-specific exposure limit value (also called workplace limit value) is decisive for the interpretation of the measurement results. For example, 80 percent of the employee’s vitamin A comes from their diet. For this reason alone, an employee may be exposed to a maximum of 20 percent of the recommended daily dose of vitamin A. The procedure for quantitative exposure determination consists of adsorption or desorption of the substance or of the sampling medium and subsequent analysis. It is also important to pay attention to how long a sample is „stable“. The decisive factors are the smallest quantifiable quantities and the minimum evaluable risk limits. As a rule, for a given sampling period, it must be ensured that at least 10 percent of the exposure limit value can be quantified with sufficient reliability. However, there are also special features. When interpreting the measurement results, one thing is certain: at the end of an eight-hour shift, the workplace limit value must not be exceeded on average. There are also short-term exposure limit values ​​of more than 15 minutes for certain chemical substances. The results of the air measurements are generally given as an average value over the effective duration of the activity or sampling. As a rule, the results are not converted to an eight-hour average value. Reason for that is,

However, there are always deviations from international standards and recognized best practices, explains the industrial hygienist. If a workplace limit value is not complied with under the existing conditions, employees must also be protected with personal protective equipment (PPE). However, PPE should be provisional or supplementary as far as possible. The aim is to keep exposure below an acceptable level using technical protective measures (also known as containment solutions).

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