Falls es in der Einstellhalle brennt
Treibstoffe, Gummi, Kunststoffe und Schmiermittel – Autos enthalten zahlreiche brennbare Stoffe. Bei einem Brand entwickelt sich eine grosse Hitze, giftiger Rauch breitet sich aus und es entsteht rasch ein beträchtlicher Sachschaden. Mit den richtigen Brandschutzmassnahmen lässt sich die Ausbreitung von Feuer und Rauch begrenzen und die Personen können sicher ins Freie flüchten.
Ende Juli 2019 – Brandmeldeanlagen der Überbauung Jupiterquartier in Bern lösen Alarm aus. Die verwinkelte Einstellhalle ist dicht verraucht. Die Einsatzkräfte können den Brandherd anhand von Brandgeräuschen und mit Wärmebildkameras lokalisieren. Fünf Fahrzeuge sind nach dem Brand völlig zerstört, bei 100 Autos richtet der Russniederschlag Schäden an.
In Einstellhallen brechen immer wieder Brände aus, im Kanton Bern alle zwei bis drei Wochen. Wie lässt sich dies verhindern? Wie kann der Schaden bei einem Brand eingedämmt werden? Die Brandschutzvorschriften (BSV) 2015 definieren umfassende Massnahmen, um Personen und Sachwerte zu schützen. Die wichtigsten Aspekte sind die Bildung von Brandabschnitten, Entrauchung, Installation von Sprinkleranlagen und Auslegung der Fluchtwege.
Vorab jedoch zu den Begriffen: Einstellhalle, Einstellraum oder Parking? Die Brandschutzvorschriften machen eine klare Abgrenzung: Ab einer Grundfläche von 600 m² gelten Räume zum Einstellen von Motorfahrzeugen als «Parking». Ist die Grundfläche kleiner, handelt es sich um einen «Einstellraum». «Einstellhalle» wird in den Brandschutzvorschriften nicht verwendet, dies ist ein umgangssprachlicher Sammelbegriff.
Einstellräume bis 600 m²
Ob es sich um einen Einstellraum oder ein Parking handelt, ist entscheidend, wenn es um die Auslegung der Brandschutzmassnahmen geht. An Einstellräume werden deutlich weniger Anforderungen gestellt als an Parkings. Bis zu einer Grundfläche von 150 m² gilt ein frei stehender Einstellraum zudem als Nebenbaute – in diesem Fall schreiben die BSV 2015 nur wenige Massnahmen vor. Ab einer Grundfläche von 150 m² fallen frei stehende Einstellräume in die Kategorie «Gebäude mit geringen Abmessungen». Auch hier sind die Anforderungen bescheiden: Der Fluchtweg bis zu einem sicheren Ort ins Freie darf maximal 35 m lang sein, an den Feuerwiderstand der Tragwerke bestehen keine Anforderungen und eine Entrauchung ist nicht nötig.
Bauliches oder Löschanlagenkonzept?
Für Parkings sind die Anforderungen deutlich höher. Es braucht ein ganzheitliches Brandschutzkonzept, in dem alle Massnahmen aufeinander abgestimmt sind. Zu Beginn der Planung muss ein Grundsatzentscheid gefällt werden: Eignet sich ein bauliches Konzept oder wird ein Löschanlagenkonzept umgesetzt?
Beim baulichen Konzept wird die Ausbreitung des Feuers mit der Bildung von Brandabschnitten verhindert. Wie gross diese sein dürfen, hängt von zwei Faktoren ab: Bei einem Parking über Terrain, das Öffnungen in den Umfassungswänden hat, dürfen die Brandabschnitte grösser sein als bei einem unterirdischen, das allseitig geschlossen ist. Der zweite Faktor ist die Trennung der Geschosse: Sind die Decken brandabschnittsbildend, dürfen die Brandabschnitte bis 4800 m² betragen. Wenn Treppen oder Auffahrten die Geschosse offen miteinander verbinden, liegt die Grenze bei 2400 m².
Je nach Situation muss für die Entrauchung eine Rauch- und Wärmeabzugsanlage (RWA) installiert werden. Auch hier ist massgebend, ob die Parkplätze über oder unter Terrain liegen. Bei allseitig geschlossenen Parkings ist eine RWA in jedem Fall vorgeschrieben. Sind Öffnungen vorhanden, muss erst ab einer Brandabschnittsfläche von 2400 m² entraucht werden. Dazu reichen in der Regel natürliche Rauch- und Wärmeabzugsanlagen (NRWA) oder Lüfterkonzepte (LRWA) aus. Für eine NRWA braucht es Öffnungen oder Fenster im oberen Teil des Raumes und eine Zuströmöffnung im unteren Teil – zum Beispiel eine Maueröffnung, eine Türe oder ein Fenster. Breitet sich Rauch aus, öffnet die Feuerwehr Türen und Fenster und der Rauch zieht durch die Öffnungen ab. Bei einer LRWA erzeugt die Feuerwehr mit mobilen Lüftern eine gerichtete Strömung. Diese Art der Entrauchung muss in der Planungsphase gemeinsam mit der Feuerwehr besprochen und im Brandschutzkonzept festgehalten werden. NRWA und LRWA lassen sich einfach umsetzen, der Aufwand für die Technik ist gering. Bei kleineren Parkings, zum Beispiel bei Tiefgaragen von Wohnüberbauungen oder Geschäftshäusern, bieten sich deshalb bauliche Konzepte an.
Löschanlagenkonzept mit Sprinkler anstatt RWA
Löschanlagenkonzepte mit Sprinkleranlagen kommen meist bei grösseren Parkings zur Anwendung. Brennt ein Fahrzeug, sprühen die Sprinklerdüsen Wasser und verhindern, dass sich das Feuer ausbreitet. Die Brandabschnitte dürfen relativ gross sein und eine Entrauchung ist je nach Situation erst ab einer Brandabschnittsfläche von 3600 m² respektive 4800 m² nötig.
Doch auch wenn die Brandabschnitte kleiner sind, kann ein Löschanlagenkonzept sinnvoll sein, so zum Beispiel beim Burgergut Thun in Steffisburg. Das Parking hat mit 75 Parkplätzen eine Grundfläche von 2400 m². Es liegt im ersten Untergeschoss und ist allseitig geschlossen. Bei einem baulichen Konzept wäre eine RWA gefordert. Dies hätte Abströmöffnungen ins Freie bedingt – aus architektonischer Sicht wären dies störende Elemente in der Umgebung. Die Brandschutzplaner der BDS Security Design AG in Bern setzten deshalb auf ein Löschanlagenkonzept mit einer Sprinkleranlage, die sich über die gesamte Tiefgarage erstreckt. So konnten die Planer auf eine Entrauchung verzichten. Die Lösung hat zudem den Vorteil, dass die Sprinkleranlage das Tragwerk bei Hitze vor grösseren Schäden, zum Beispiel vor Betonabplatzungen, schützt.
Parkings separat entfluchten
Die Auslegung der Fluchtwege bereitet Planern oft Kopfzerbrechen. Je nach Grösse des Parkings braucht es mehrere Ausgänge, damit die Fluchtwege nicht zu lang sind. Grundsätzlich empfiehlt die Fachstelle Brandschutz der GVB separate Ausgänge für Parkings, anstatt die Treppenhäuser der darüberliegenden Wohnungen oder Büros zu nutzen. Denn dies führt häufig zu Problemen: Eine Fluchttüre muss sich ohne Schlüssel von innen öffnen lassen. Damit hat jeder, der in die Tiefgarage gelangt, Zugang zum Treppenhaus. Wenn keine separaten Fluchtwege möglich sind, muss auf eine Ersatzlösung ausgewichen werden: An den Türen zwischen Garage und Treppenhaus werden Handtaster installiert. Im Notfall geben sie das Türschloss frei, lösen aber gleichzeitig auch Alarm aus.
Spezielle Lösung für Fluchttüren
Auch beim Burgergut Thun sind bei den Türen zu den Treppenhäusern solche Handtaster installiert. Das Konzept um die Fluchttüren ist jedoch einiges komplizierter. Das Parking hat vier Ausgänge: Einer führt direkt zu einer Aussentreppe ins Freie, die anderen drei leiten die Personen über Schleusen oder Vorzonen in die Treppenhäuser der Seniorenwohnungen, des Restaurants Schüür und des Burgerheims. Die Treppenhäuser sind vertikale Fluchtwege und müssen rauchfrei bleiben. Das heisst, bei Feuer oder Rauch müssen die Türen geschlossen sein – gleichzeitig sollen sie aber als Fluchtwege dienen. Zudem sollen auch Personen mit Beeinträchtigungen die Türen einfach und schnell öffnen können; Flügeltüren kamen daher nicht infrage. Die Planer fanden schliesslich eine Lösung: Zwischen Parking und Schleusen respektive Vorzonen zum Treppenhaus sind Schiebetüren mit je einem Handtaster installiert. Diese geben die Türen zum Flüchten frei. Sie werden jedoch von der Brandmelde- und Sprinkleranlage so übersteuert, dass sie nach kurzer Zeit wieder schliessen. So bleiben Schleuse und Treppenhaus rauchfrei und die Bewohner können sicher flüchten.
Wartung und Unterhalt berücksichtigen
Ob sich ein bauliches oder ein Löschanlagenkonzept mit Sprinkleranlage eignet, muss objektspezifisch entschieden werden. Massgebend ist dabei auch der Aufwand für Wartung und Unterhalt im Betrieb des Gebäudes. Beim baulichen Konzept ist dieser gering. NRWA und LRWA sind einfache Konzepte mit robusten Komponenten, die kaum Unterhalt brauchen. Sprinkleranlagen hingegen müssen regelmässig kontrolliert und gewartet werden. Gemäss BSV 2015 ist jedes Jahr ein Funktionstest, nach zehn Jahren eine umfassende Kontrolle nötig. Die Erfahrung der GVB-Fachstelle Brandschutz zeigt, dass dies Eigentümern oder Betreibern oft zu wenig bewusst ist. Wartung und Unterhalt sollten deshalb bereits bei der Planung berücksichtigt werden. Es ist die Aufgabe des Qualitätssicherungsverantwortlichen Brandschutz, Eigentümer und Betreiber frühzeitig darüber zu informieren.
Beat Neuenschwander, Ingenieur FH (Holztechnik) und Brandschutzexperte VKF. Er ist als Brandschutzexperte bei der Gebäudeversicherung Bern (GVB) tätig.
Brandschutz einfach erklärt
Auf der Informationsplattform für Brandschutz der Gebäudeversicherung Bern, «Heureka», sind die Anforderungen an Einstellhallen übersichtlich dargestellt. Der Nutzer kann je nach Bauvorhaben die Kategorie «Einstellraum im Gebäude», «Frei stehender Einstellraum» oder «Parking» wählen und findet umgehend die geforderten Brandschutzmassnahmen. «Heureka» erklärt Brandschutz für einfache Bauvorhaben verständlich und übersichtlich. Grundlage sind die Brandschutzvorschriften 2015.
Infos: www.heureka.ch