Gestresste und erschöpfte Mitarbeitende
Immer mehr Arbeitnehmende klagen über Stress und Erschöpfung. Die Gründe dafür liegen laut Travail.Suisse in der veränderten Arbeitswelt: immer längere Arbeitstage, flexiblere Arbeitsverhältnisse und schnellere Arbeitsprozessen. Zudem würden die Grenzen zwischen Arbeits- und Privatleben vermehrt verschwinden, schreibt der Dachverband der Arbeitnehmenden.
Rund 40 Prozent aller Arbeitnehmenden geben in Umfragen an, dass sie sich erschöpft fühlen, wie Travail.Suisse schreibt. Als Folge davon würden immer mehr Arbeitnehmende psychisch oder körperlich erkranken. «Die Arbeitsprozesse wurden in den vergangenen Jahren stetig beschleunigt, gleichzeitig verlangen die Arbeitgebenden immer mehr Flexibilität von den Arbeitnehmenden», so Thomas Bauer, Leiter Wirtschaftspolitik bei der Dachorganisation der Arbeitnehmenden.
Überlange und zerstückelte Arbeitstage
Migmar Dhakyel, Zentralsekretärin der Gewerkschaft Syna, hält fest: «In immer mehr Betrieben führen die Arbeitgebenden überlange und zerstückelte Arbeitstage ein. Damit gefährden sie die Gesundheit und das Sozialleben der Arbeitnehmenden. Selbst bei Teilzeitarbeitenden werden Arbeitstage von 12 oder 13 Stunden immer häufiger zur Normalität.» Gleichzeitig seien unsichere Arbeitsverhältnisse wie Arbeit auf Abruf und temporäre Anstellungen immer weiter verbreitet; sie würden bei den betroffenen Arbeitnehmenden viel Stress verursachen.
Obwohl bereits heute viel zu weitreichende Möglichkeiten bestehen, Überstunden und das unternehmerische Risiko auf die Arbeitnehmenden abzuwälzen, fordern die Arbeitgebenden immer mehr Flexibilität und weniger Vorgaben, wie es in der Medienmitteilung des Dachverbandes heisst. Adrian Wüthrich, Präsident von Travail.Suisse, stellt klar: «Der Gesundheitsschutz der Arbeitnehmenden ist nicht verhandelbar. Zum Schutz der Gesundheit und des Privatlebens der Arbeitnehmenden braucht es weniger Flexibilität, nicht mehr». Wenn immer mehr Arbeitnehmende als Folge der Arbeit erschöpft seien und erkranken würden, brauche es mehr Zeit für Erholung, weniger einseitige Flexibilität und mehr Planbarkeit bei der Arbeit.
Im Gastgewerbe den höchsten Stress
Das Gastgewerbe ist gemäss verschiedenen Studien die Branche mit dem höchsten arbeitsbedingten Stress. Roger Lang, Leiter Rechtsdienst bei der Hotel und Gastro Union, fordert: «Arbeit muss planbar sein und Grenzen haben. Die weit verbreiteten überlangen Arbeitstage und kurzfristigen Änderungen der Dienstpläne verursachen unnötigen Stress und erschweren die Vereinbarkeit von Freizeit, Familie und Beruf. Wer etwas gegen den Personalmangel in der Branche unternehmen will, muss zwingend hier ansetzen.»
Stress und Erschöpfung machen laut Mitteilung auch vor dem Personal des Service public nicht Halt. «Berufs- und Privatleben verschwimmen immer mehr. Es braucht deshalb klare Regelungen, welche die Erholung und das Recht auf Nicht-Erreichbarkeit in der Freizeit sicherstellen», so Olivia Stuber vom Personalverband transfair. Als Folge der Digitalisierung seien Arbeitnehmende gezwungen, sich stetig anzupassen und sähen sich mit einer zunehmenden Intensität der Arbeitstätigkeit konfrontiert. Mehr Ferien und kürzere Arbeitszeiten stellten sinnvolle Kompensationsmassnahmen zum Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmenden in einer beschleunigten Arbeitswelt dar. (red.)