Klein im Format, riesig in der Leistung

Innovationskraft und Qualität: Zwei Eckpfeiler der Schweizer Wirtschaft. Davon ist auch Markus Kappeler überzeugt, Gründer und CEO des Winterthurer IT-Unternehmens bytes at work.

Markus Kappeler, Gründer von bytes at work AG

Herr Kappeler, was stand am Anfang der eigentlich noch jungen Unternehmensgeschichte?

Markus Kappeler: Ich hatte schon vor bytes at work ein eigenes Unternehmen zusammen mit drei anderen Partnern. Wir waren stark softwarelastig. Ich wollte aber immer ein Produkt zum Anfassen herstellen, während meine Partner im Dienstleistungsbereich bleiben wollten. Deshalb habe ich mich abgesplittet, liess mich auszahlen und startete mit bytes at work neu. Zuerst war ich allein, hatte aber sehr schnell wieder erste Kunden. Ich vergrösserte also die Mannschaft. Mittlerweile sind wir sieben Personen und weiter auf der Suche nach Leuten. 2012 brachten wir das erste Hardware-Produkt auf den Markt. Bewusst setzten wir unser Augenmerk auf kleine Lösungen, damit es in möglichst viele Designs passt. Hier sehe ich ein Marktbedürfnis. Ferner bin ich überzeugt, dass sich Linux als Betriebssystem langfristig in der Industrie durchsetzen wird.

Weshalb sind Sie von Linux derart überzeugt?

Das System war von Anfang an auf viele Architekturen zugeschnitten, anders wie Windows, das nur auf Intel-Prozessoren lief. Und es verfügt über einen sehr kleinen Footprint, das heisst, es benötigt nur wenig Speicher. Deshalb läuft es sowohl auf grossen Server-Farmen als auch auf kleinsten Embedded Devices, wie den unsrigen. Das ist ein riesiges Spektrum, das kaum ein anderes Betriebssystem abdecken kann.

Was ist denn genau Ihr Alleinstellungsmerkmal beziehungsweise das Ihrer Produkte?

Es ist die Kombination, dass nicht die Software auf die Hardware abgestimmt ist, sondern umgekehrt. Und zwar deshalb, weil wir den Fokus zuerst auf die Software gelegt haben. Wir kommen also nicht von den Widerständen der Controller her, sondern top down.

Sie schreiben auf Ihrer Website, die kontinuierliche Industrieentwicklung habe auch ihre Schattenseiten. Welche?

Eine Schwierigkeit ist es natürlich, als Newcomer in diesen Markt hinein zu gelangen. Es braucht Kunden und nicht zuletzt Menschen, die einem vertrauen. Trotzdem ist es uns gelungen, gute Projekte zu gewinnen. Sie helfen, uns weiterzukommen. Wir benötigen nun aber weiteres Kapital. Da liegt ein weiterer Schatten: Wir sind nicht «sexy». Die Industrie ist träge; sie denkt langfristig. Zyklen dauern mehrere Jahre.

Nun kommen aber das Internet der Dinge und Industrie 4.0. Das erhöht doch die «Sexyness» für Investoren?

Mir geht es aber darum, etwas Längerfristiges aufzubauen, das es auch in 10 bis 15 Jahren noch gibt. Gegenwärtig sind wir im Gespräch mit zwei Interessenten, und ich hoffe, dass es bis Sommer klar wird, wie es weitergeht. Ich bin zuversichtlich. Wir können zeigen, dass es einen Markt gibt und unsere Produkte einen Absatz finden.

Worin besteht denn dieser Markt genau? Sind es vor allem kleine Abnehmer Ihrer Produkte, oder hat es auch grosse darunter?

Die ganz Grossen eher nicht. Unsere Module haben Stückzahlen zwischen 5.000 und 10.000. Jenseits davon kommt es zum Bruch wegen der Kosten. Da lohnen sich Module nicht mehr. Es ist nicht die Grösse des Unternehmens massgebend, sondern die Stückzahl der Endanwendungen.

Wo stellen Sie Ihre Module her?

Die Produktion haben wir ausgelagert an spezialisierte Betriebe. Wir lassen in der Schweiz produzieren. Das ist mir wichtig. Maschinenstunden kosten weltweit gleich viel. Bei hochintegrierten und innovativen Produkten wie unseren spielt es keine Rolle, ob wir hier oder in China produzieren. Wichtig sind mir die Nähe sowie die enge Zusammenarbeit.

Die Schweiz ist nun aber bekannt dafür, ein teurer Werkplatz zu sein.

Das mit dem teuren Werkplatz stimmt so nicht. Die Schweiz ist im internationalen Vergleich durchaus konkurrenzfähig. Man muss eben alles einrechnen: Wenn Leute mehrmals nach China fliegen müssen, bis eine gewisse Produktionsqualität sichergestellt werden kann, kostet das genauso viel Geld, wie wenn man gleich von Beginn weg in der Schweiz produziert. Günstiger ist es nicht, aber sicher auch nicht teurer. Dafür erhält man aber Produktionssicherheit zu Standards, über die man hier nicht erst lange diskutieren muss.

Apropos Kosten: Sie beschaffen in Euro und zahlen in Euro. So gesehen macht Ihnen die gegenwärtige Frankenstärke kaum etwas aus?

Das ist richtig. Die Komponenten sind in der Tat kein Problem. Anders sieht es bei den Dienstleistungen aus: Da haben wir wenig zu melden, wie wir unlängst wieder auf einer Fachmesse festgestellt haben. Wichtig ist deshalb, dass man mit Kunden über Gesamtlösungen spricht, nicht nur über Stundensätze bei Dienstleistungen. Da haben wir etwa gegen deutsche Mitbewerber kaum Chancen. Mit unserem Know-how, unserer Erfahrung und der Geschwindigkeit, in der wir liefern können, sind wir hingegen sehr konkurrenzfähig.

Wie behauptet man sich denn als Kleinunternehmen im Konzert der «Grossen»?

Wir überzeugen mit Kundennähe und der engen Zusammenarbeit. Wir sind bereit, die Extrameile zu gehen, wo ein anderer mangels Interesse darauf verzichtet. Auch Stückzahlen von 500 bis 1.000 pro Jahr sind für uns machbar, die für andere Anbieter zu wenig wirtschaftlich wären. Wobei: Mit der Wirtschaftskrise interessieren sich auch grössere Hersteller für kleinere Aufträge. Stark sind wir dort, wo Software ins Spiel kommt, also wenn es darum geht, ein Gerät in Betrieb zu nehmen. Dort sind wir den Konkurrenten überlegen, weil wir das gesamte Spektrum abdecken können. Unsere Schwächen – darüber soll man reden – haben wir im reinen Verkauf von Hardware. Uns fehlt eben noch der Vertrieb. Der befindet sich erst im Aufbau, und ich erhoffe mir durch mehr Kapital diesen endgültig aufziehen zu können. Allerdings ist es mir wichtig, erst die Gewissheit zu haben, dass die Produkte funktionieren. Das ist nun seit einem halben Jahr der Fall. Referenzen sind da, Stückzahlen sind da – jetzt geht es darum, sie im Markt zu multiplizieren.

Dazu benötigen Sie mehr Leute. Wie haben Sie – wiederum als Kleinunternehmen – hier genügend Chancen, an Fachkräfte zu kommen?

Die Unternehmensgrösse ist sicher ein Vorteil. Für uns ist es wichtig, Leute zu finden, die nicht im klassischen Sinn Karriere machen wollen. Für Menschen, die an Technologie interessiert und von Linux fasziniert sind, sind wir ein exzellenter Arbeitgeber. Wir decken ein breites Spektrum ab und bieten interessante Herausforderungen. Sicher sind wir nicht vergleichbar mit Unternehmen, die grosse Anwendungen schreiben. Wir programmieren Treiber. Das ist durchaus vergleichbar mit Applikationsentwicklung. Leider ist es schwierig, junge Menschen dafür zu begeistern.

Sie bezeichnen sich auf Ihrer Firmen-Website als Vorbild in Sachen Ressourcen-Nutzung. Sind Ihre Produkte quasi für die Ewigkeit gebaut?

Langlebigkeit ist das eine. Auf der anderen Seite schauen wir darauf, dass unsere Komponenten wenig Strom verbrauchen. Wir befinden uns da eh schon auf einem tiefen Niveau. Tatsache ist, dass die Komponenten während 15 Jahren an jeweils 365 Tagen rund um die Uhr laufen müssen. Die Summe aller kleinen Teile kann da durchaus gross werden. Immer wieder mache ich darauf aufmerksam, dass in der Software grosses Potenzial steckt. Mit Software lässt sich viel Energie sparen, das wird oft vergessen. Bei geschickter Programmierung ist nicht nur im Embedded-Bereich noch vieles möglich, sondern auch im Bereich grosser Server. Google hat ja einmal berechnet, dass sich enorme Summen an Energiekosten sparen liessen, wenn die Antworten auf Suchanfragen eine halbe Sekunde später ausgeliefert würden. Die gesamte IT ist inzwischen zu einem grossen Energieverbraucher geworden. Es ist wichtig, dass wir das als Unternehmen thematisieren.

Sie sind Gründer, Inhaber, CEO und gleichzeitig in vielen Bereichen tätig. Wenn Ihr Unternehmen weiterwächst: Wie wird sich Ihr Aufgabengebiet verändern?

Ich bin diesbezüglich offen. Mir macht es Spass, aktiv Produkte zu entwickeln. Das hilft mir, als Firmenchef kompetent aufzutreten. In unserer Branche ist die Entwicklung derart schnelllebig, dass man schnell den Anschluss verliert, wenn man ein paar Jahre weg von der Praxis ist. Deshalb versuche ich, ein gewisses Know-how ein Leben lang zu behalten. Mir ist aber durchaus bewusst, dass ich mich im Zuge des Firmenwachstums immer weiter vom operativen Geschäft entfernen werde.

Also hin zum reinen Manager?

Das ist denkbar. Denkbar ist aber auch, dass ich irgendwann mal meinen eigenen Chef einstellen werde. Ich bin nun mal ein Ingenieur, mein Herz schlägt fürs Entwickeln. Wichtig ist mir im Moment einzig, dass wir überhaupt wachsen und an unseren Produkten weiterarbeiten können.

bytes at work

Die von Markus Kappeler gegründete bytes at work AG ist im Bereich Industrial Computing sowie Soft- und Hardware-Entwicklung ein international führendes Unternehmen geworden. Die gegen Erschütterungen und Temperaturschwankungen robusten Computing-Module des Unternehmens kommen auch unter schwierigsten Bedingungen, zum Beispiel im Bergbau, zum Einsatz. Sie stehen, zusammen mit Industrie-Gateways und HMI-Systemen, global für Schweizer Qualität. Mit der Produktion des kleinsten Moduls in der Industrie erregte das Unternehmen weltweit grosses Aufsehen. Die bytes at work AG arbeitet mit Open-Source-Produkten von Linux und ist Teil des Yocto-Projekts der Linux Foundation, wo es zur Weiterentwicklung von Linux im Embedded-Computing­-Bereich aktiv beiträgt.

bytes at work https://www.bytesatwork.ch/

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