Kriminalität: Wie sieht die Corona-Sicherheitslage aus?
Covid-19 zwingt die arbeitende Bevölkerung ins Home-Office. Büros und Geschäfte sind jedoch verwaist – wird das von kriminellen Elementen ausgenützt? Hochbetrieb herrscht bei den Betrügern.
Wohnungseinbrüche stehen derzeit wohl nicht zuoberst auf der Prioritätenliste von Kriminellen, denn Frau und Mann arbeiten vermehrt zu Hause. Wohin verlagert sich die Kriminalität, weichen die Banden und Kleinkriminellen vermehrt auf verwaiste Büro- und Gewerbeliegenschaften aus? «Im Moment stellen wir dies nicht fest. Es ist aber auch noch zu früh, um eine verlässliche Antwort zu geben. Wir verzeichnen auch in Corona-freien Zeiten immer wieder Wellenbewegungen bei den Einbrüchen», sagt beispielsweise Hanspeter Krüsi, Leiter Kommunikation bei der Kantonspolizei St.Gallen, vor ein paar Tagen. (Einbruchschutz, siehe Broschüre «Riegel vor!», 7 Tipps, wie man sich schützt; spezielle Fachinformationen zu Einbruchhemmung bei Fenstern)
St.Gallen: Sicherheitslage wird regelmässig kommuniziert
Weil die Kantonspolizei St.Gallen vermehrt über die Sicherheitslage angefragt wird, hat sie entschieden, täglich die gemeldeten Einbrüche und Fälle von Interventionen im zwischenmenschlichen Bereich zu veröffentlichen (siehe Foto). Das tönte am Donnerstag, 26. März, beispielsweise so: «Die Kantonspolizei St.Gallen wurde mehrmals telefonisch informiert, dass sich an diversen Plätzen Gruppierungen mit mehreren jugendlichen Personen befänden. Bei den anschliessenden Kontrollen konnten mehrheitlich keine Verstösse festgestellt werden. In wenigen Fällen mussten kleinere Personengruppen erneut auf die momentanen Gegebenheiten aufmerksam gemacht und weggeschickt werden. Weiter wurden mehrere Rotlicht-Kontrollen durchgeführt sowie Verkaufsgeschäfte und Take-aways kontrolliert. Dabei konnten keine Verstösse festgestellt werden. Bei zwei Gastbetrieben wurden Personen im kleinen Rahmen bewirtet. Den Betreibern wurde unmissverständlich klargemacht, dass dies nicht mehr erlaubt ist. Sie wurden aufgefordert, den Betrieb umgehend einzustellen. Bei einem erneuten Verstoss droht den Wirten eine Anzeige. Im Linthgebiet verstarb ein 60-jähriger Mann, welcher vorgängig positiv auf das Coronavirus getestet wurde. Im zwischenmenschlichen Bereich musste dreimal interveniert werden.»
Die regelmässig vermeldeten Zahlen zur Sicherheitslage seien relativ und würden starken Schwankungen unterliegen. Sie seien deshalb mit Vorsicht zu betrachten, lässt die Kantonspolizei St.Gallen wissen.
Stadt Zürich: mehrere Betrugsversuche
Die Stadtpolizei (Stapo) Zürich hat vor ein paar Tagen prophylaktisch gewarnt, und zwar vor Betrügern, die die aussergewöhnliche Lage in der Schweiz schamlos ausnützen würden. Laut Stapo kam es kürzlich an verschiedenen Orten in der Schweiz und auch in der Stadt Zürich zu Betrügereien und Betrugsversuchen: Unbekannte Personen hätten im Zusammenhang mit dem Coronavirus an der Haustüre älteren Menschen ihre Hilfe angeboten, damit sich diese fürs Einkaufen nicht unnötig in Gefahr begeben würden. «Sie verlangten einen Einkaufszettel sowie Bargeld und versprachen nach kurzer Zeit wieder zurück zu sein. Es stellte sich dann rasch heraus, dass die älteren Menschen Opfer von Betrügern geworden waren, die sich nie mehr blicken liessen», schreibt die Polizei.
Eine weitere Masche sei, dass Personen mit Mundschutz an der Haustüre läuten und angeben würden, sie seien von einem Amt beauftragt worden, die Wohnung zu desinfizieren.
Basel: falsche Polizisten in Zeiten von Corona
Selbst in der jetzigen Notlage verlangt kein Polizist, dass man ihm Geld oder Wertsachen zur Sicherheit aushändigt. Doch genau das ist im Raum Basel erneut geschehen. Rund ein Dutzend Meldungen seien in den letzten Tagen bei der Kantonspolizei eingegangen. Man sei von einer «Kriminalpolizistin», einem «Polizeibeamten», einem «Kommissar» oder von der «Staatsanwaltschaft» aufgefordert worden, aus Gründen der Sicherheit Geld und Wertsachen auszuhändigen, meldeten besorgte Bürger der Kantonspolizei. Laut ihr gehen in der jetzigen Notlage die Täter wohl davon aus, dass ältere Menschen derzeit grössere Geldbeträge zu Hause aufbewahren.
Auch im Kanton Aargau wird eine Häufung von Telefonbetrug mit falschen Polizisten festgestellt. Nicht weniger als über 60 Meldungen von Betroffenen seien in den letzten zwei Wochen eingetroffen, teilt die Kantonspolizei mit. Hinter den Betrugsanrufen stünden meist professionelle Banden, die vom Ausland aus operierten.
Aktive Cyberkriminelle, gefälschte Medikamente
Die Unsicherheit rund um die Corona-Krise beflügelt insbesondere die Cyberkriminellen. Coronavirus-bezogene Phishing-Betrügereien sind zuhauf in Umlauf. Im Namen des Bundesamtes für Gesundheit wurde beispielsweise ein gefälschtes E-Mail verschickt (siehe hier). Wer den Anhang öffnet, hat anschliessend eine sehr gefährliche Schadsoftware auf seinem Gerät. Einmal geklickt, bleibt einem nichts anderes übrig, als den PC neu aufzusetzen oder den Computerspezialisten aufzusuchen.
Via E-Mail und Internet werden aber auch gefälschte Medikamente, angebliche Desinfektionssprays und Wundermittel online angepriesen. Die Zahl sei schwindelerregend hoch, heisst es bei der Europäischen Union. Bei den derzeit am häufigsten online angebotenen Medizinprodukten handle es sich jedoch um gefälschte Operationsmasken. Man setze alles daran, um das Problem zu bekämpfen und die Einwohner zu schützen, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kürzlich (ihre Videobotschaft kann hier eingesehen werden).
Bewachungsdienstleister im Einsatz
Auch die Bewachungsdienstleister stehen in der Corona-Krise im Einsatz. Gemäss Auskunft von Urs Stadler von der Securitas Gruppe müssten vermehrt Zutritte zu Pflegeeinrichtungen, Detailhandelsgeschäften oder Unternehmen strenger kontrolliert werden. Nebst Personeneinlasskontrollen müssten seine Leute da und dort auch Temperaturmessungen vor dem Gebäudezutritt durchführen, sagte Roman Lehmann von Protectas auf Anfrage.
Urs Stadler ergänzt, dass die Securitas einen unkomplizierten Service aufbaue, um Menschen zu helfen, die sich in ihren Wohnbereich zurückziehen müssten. Wenn familiäre oder nachbarschaftliche Hilfe nicht ausreiche, stelle sein Unternehmen seine verfügbaren Möglichkeiten und seine Mobilität gegen einen Unkostenbeitrag zur Verfügung, um Besorgungen zu erledigen, so Stadler.