Leseverhalten und Informationswert
Die zunehmende Informationsflut belastet Vorgesetzte und Mitarbeiter. Online- und Printlektüre zu lesen, kostet immer mehr Zeit. Viele Arbeitnehmer verbringen über 30 Prozent ihrer Arbeitszeit mit Lesen. Um das Lesepensum in den Griff zu kriegen und einen grösseren Leserückstand zu vermeiden, braucht es ein wenig Systematik.
Das Leseverhalten
Der Posteingang muss nicht sofort geöffnet werden, sobald eine E-Mail eintrifft. Lesezeiten bündeln heisst, zwei- bis viermal täglich den Posteingang am Stück lesen. Beim Lesen und Bearbeiten achten Sie darauf, dass es zu möglichst wenigen Unterbrechungen kommt. Denn nach einer Unterbrechung braucht man die doppelte Energie, um sich wieder in den Text einzulesen. Durch blockweises Lesen sparen Sie Zeit, weil Sie sich nicht immer wieder neu einarbeiten müssen. Das gilt besonders für komplizierte Texte. Die sogenannte «Leseabwehr» entsteht bei Unterbrechungen mitten im Text.
Bereits beim ersten Lesen sollten wichtige Textstellen durch Markierungen oder handschriftliche Randbemerkungen hervorgehoben werden. Markierungen helfen Ihnen, den Text vorzubereiten. Wenn Sie die Lektüre zu einem späteren Zeitpunkt lesen, müssen Sie nicht wieder von vorne anfangen. Markierungen beim ersten Lesen kosten nicht viel Zeit und erleichtern die Erledigung des Vorgangs. Verwenden Sie dazu die bekannten Zeichen für Ihre Markierungen: Ausrufezeichen für «wichtig», Haken für «einverstanden», Fragezeichen für «noch zu klären». Mit dem «Selektiven Lesen» treffen Sie Entscheidungen: Was ist eilig und was wichtig? Sortieren Sie gleich nach Prioritäten und lehnen Sie Lektüre ab, die für Sie absolut keine Bedeutung hat. Arbeitstermine kennzeichnen Sie durch Datumsangabe. Es hat sich bewährt, den Umgang mit Informationen im Betrieb zu vereinheitlichen.
Grundsätzlich verbessern Sie Ihr Aufnahmevermögen, wenn Sie sich voll aufs Lesen konzentrieren – und nicht nebenbei noch etwas Anderes tun. Gleichzeitiges Telefonieren und Lesen ist anstrengend und führt zur oberflächlichen Aufnahme beider Informationen. Wenn Sie mit zwei Dingen gleichzeitig beschäftigt sind, erledigen Sie keine richtig. Vermeiden Sie also «Multitasking».
Sehr störend und zeitaufwendig sind Regressionen, das heisst, Rücksprünge der Augen zu Textstellen, an denen die Augen bereits angehalten hatten. Grund hierfür ist meistens Unkonzentriertheit. Dabei sind Rücksprünge überflüssig, da das Gehirn die Informationen schon aufgenommen hat, nur noch mit der Verarbeitung etwas hinterherhinkt. Durch das Zurückspringen werden dem Gehirn die entsprechenden Passagen zweimal angeboten. Es registriert sie als bekannt und schaltet kurzzeitig ab. Oftmals verpasst es die Stelle, an der es mit neuem Inhalt weitergeht, sodass hier die nächste Regression nötig ist, um die nötigen Informationen aufzunehmen.
Das Lesetempo
Ein grösserer Leserückstand nervt. Um den Rückstand aufzuarbeiten, wird das Lesetempo verdoppelt, wie beim Autofahren, wo man nach einem Stau am liebsten das Tempo erhöht, um verlorene Zeit gut zu machen. Eine höhere Lesegeschwindigkeit (speed reading) führt zur oberflächlichen Aufnahme des Textes, so dass Sie ihn zwei Mal lesen müssen. Schnell-Leser überlesen Textstellen und vergessen Inhalte schnell. Unter Zeitdruck nimmt man Informationen nur oberflächlich auf, Hektik führt zum Querlesen in der sogenannten «Slalomtechnik» wie beim Skifahren. Trotz Eile muss die Lektüre sorgfältig gelesen und bearbeitet werden.
Grosse Textmengen bringen den Leser in Gefahr das Lesetempo zu erhöhen. Primär kommt es auf die Leseziele an. Liest man, um sich zu informieren? Oder um eine Entscheidung zu treffen? Oder sind die Informationen für einen Vorgang wichtig? Muss der Fall gleich bearbeitet werden? Ist er wichtig oder eilig? Welche Relevanz hat die Information für den Leser?
Je wichtiger der Text ist, desto geringer sollte das Lesetempo sein. Das «Wort für Wort Lesen» entspricht der Schrittgeschwindigkeit beim Autofahren. Dadurch ist Nachdenken und Kreativität möglich.
Informationen und ihr Wert
Bekanntlich wird der Wert einer Information nicht durch die Menge gesteigert. Zu viele Informationen belasten den Empfänger. Der Sender einer Information sollte also an den Nutzwert für den Empfänger denken. Sender und Empfänger sind die Beteiligten im Informationsmanagement.
Als Leser hilft häufig die einfache Frage, was passiert, wenn ich eine Information nicht lese. Wir alle sehen uns der Gefahr ausgesetzt, etwas zu versäumen. Smartphones führen uns in Versuchung Informationen zu holen, die für uns keine nachhaltige Wirkung haben. Nutzlose Informationen kosten Zeit und Geld. Überlegen Sie, was Sie nicht wissen müssen, und sorgen Sie dafür, dass diese Informationen Sie nicht mehr erreichen.
Bevor Sie eine Nachricht als Vorgesetzter versenden, stellen Sie sich am besten die Frage: Was bedeutet meine Information für mein Team? Welchen Nutzen hat sie? Wie ausführlich muss ich informieren? Sorgen Sie dafür, dass Informationen verständlich verfasst sind. Jede Rückfrage belastet sowohl Sender als auch Empfänger.
Stress, schlechte Laune und Ablenkung blockieren die dauerhafte Verankerung des Gelesenen im Gehirn. Sorgen Sie daher für eine angenehme Atmosphäre, die konzentriertes ungestörtes Lesen erlaubt. Sollte Ihre Stimmung einmal auf dem Nullpunkt sein, verzichten Sie aufs Lesen, anstatt durch krampfhaftes «Müssen» Ihre Motivation abzuwürgen.
Informationsaufnahme verbessern
Wohlbefinden fördert die Informationsaufnahme. Wer Abwechslung beim Lesen möchte, liest beispielsweise mal im Stehen. Viele Unternehmen haben gute Erfahrungen mit Stehpulten gemacht, die bei kurzer Lektüre (10 bis 15 Minuten) benutzt werden. Fürs Lesen im Netz ist der richtige Stuhl ein «Muss» und erleichtert die Aufnahme der Informationen. Die Sitztiefe des Stuhls sollte 38 bis 44 cm betragen, die Sitzbreite 40 bis 48 cm (nach DIN 4550, 4551). Ein Bürostuhl muss von 42 bis 53 cm höhenverstellbar sein, ebenso die Rückenlehne von 17 bis 23 cm über dem Sitz. So ist individuelle Verstellbarkeit je nach Körpergrösse möglich. Synchronmechanik unterstützt das dynamische Sitzen und verhindert Rückenschmerzen. Wichtig ist das Bemühen um aufrechtes Sitzen und die Verwendung der Rückenlehne.
Wenn die Augen beim Lesen ermüden, kann eine kurze Lichtpause eingelegt werden. Dazu halten Sie die Handflächen zu zwei Schalen geformt vor die Augen und dichten sie mit den Händen so ab, dass kein Licht einfällt. Die Augen sollten nicht geschlossen sein, sondern etwa 60 Sekunden offen in den dunklen Hohlraum sehen. Das entspannt Ihre Augen und ermöglicht konzentriertes Weiterarbeiten.