Lösungen zum Monitoring von Strom- und Umgebungsparametern in Rechenzentren
Weil sich ja bekanntlich nur verbessern lässt, was auch zu messen ist, boomt der Markt für Lösungen zum Monitoring von Strom- und Umgebungsparametern in Rechenzentren – und das völlig zu Recht: Denn die Messwerkzeuge entpuppen sich als Vielkönner, die Anwendern zahlreiche funktionale Vorteile und einen hohen Nutzen bieten.
ls Routinearbeit erfassen und protokollieren sie vitale Daten zur Stromnutzung und zu Umgebungsbedingungen, stellen diese RZ- und Facility-Fachkräften zu Analysezwecken zur Verfügung und warnen bei kritischen Werten. Einerseits kann durch das darüber ermöglichte frühe Erkennen von problematischen Temperaturwerten oder einer schwankenden Stromversorgung Systemstörungen oder Downtime vorgebeugt werden. Andererseits erfüllen die Systeme nicht nur die Rolle eines Frühwarnsystems bei entsprechenden Risiken, sondern helfen auch beim Aufspüren von energetischen oder thermischen Schwachstellen in einer Rechenzentrumsumgebung. Somit liefern Überwachungslösungen jene entscheidenden Kennwerte, um den Ressourceneinsatz von IT-Geräten und die sie umgebende Infrastruktur zu analysieren und schliesslich zu optimieren. Letzten Endes können sie dadurch neben einer verbesserten Kapazitätsauslastung auch zu signifikanten Energieeinsparungen sowie einer entsprechend geringeren CO2-Emission und allen damit verbundenen ökonomischen und ökologischen Vorteilen beitragen. Und diese sind alles andere als unerheblich, wenn man bedenkt, dass Strom mit zu den am schnellsten wachsenden Kostenfaktoren im Rechenzentrum zählt. In der Studie «Energieverbrauch und Energiekosten von Servern und Rechenzentren in Deutschland: Aktuelle Trends und Einsparpotenziale bis 2015» beziffert das Borderstep Institut den jährlichen Anstieg der Stromkosten seit 2005 auf durchschnittlich fünf Prozent. Durch die weiteren Auswirkungen der Energiewende und stetig kletternde Strompreise wird die Steigerungsrate in den kommenden Jahren noch weitaus höher ausfallen.
Angesichts dieser zahlreichen und stichhaltigen Argumente pro Power- und Umgebungs-Monitoring stellt sich für RZ-Entscheider in der Regel nicht die Frage, ob sie heute oder in naher Zukunft ein solches System einsetzen sollen, sondern welches am besten geeignet ist, den individuellen heutigen und auch künftigen Anforderungen zu entsprechen.
Welche Lösungen gibt es?
Die Formen des Strom- und Umgebungs-Monitorings und die dafür angebotenen Lösungen sind vielfältig. In der Grundstruktur bestehen sie für gewöhnlich aus einem hardware-, software- oder webbasierten Verwaltungssystem und Mess- beziehungsweise Sensormodulen, die entweder als Stand-alone-Einheiten oder zum Beispiel in PDU-Stromleisten integriert ihre Messtätigkeit ausführen. Je nach Anforderung und Wahl der Lösung lässt sich so eine punktuelle, vernetzte oder engmaschige Monitoring-Struktur in Rechenzentrumsumgebungen errichten. Konventionell leiten die Monitoring-Module die erfassten Strom- und Umgebungsdaten über eine serielle Verbindung oder ein Bus-System an eine proprietäre Verwaltungsplattform weiter. Die Daten werden dort ausgelesen, protokolliert sowie konvertiert und können dann über SNMP, Modbus, BACnet oder weitere Protokolle in ein übergreifendes Datacenter-Management-System eingebunden werden. Eine Sonderstellung nimmt eine Lösung namens Packet Power ein, die die Kommunikation der Sensor- und Messmodule untereinander sowie den Datentransfer zu einem SNMP- oder Modbus-Gateway komplett kabellos und per Funk erledigt. Da sie sich darüber vom Gros der am Markt befindlichen Lösungen unterscheidet, werden im Weiteren deren Funktionsweise und Eigenschaften erläutert und mit denen von konventionellen Monitoring-Technologien kontrastiert.
Funktechnologie längst salonfähig
Bevor wir richtig in die Materie einsteigen, soll der mittlerweile zwar kleinen, aber vereinzelt immer noch hörbaren «Funktechnologie-hat-nichts-im-Rechenzentrum-zu-suchen-Fraktion» ein wenig der Wind aus den Segeln genommen werden: Deren zumeist aus der Vergangenheit genährte Bedenken bezogen sich in einzelnen Fällen auf die Verträglichkeit mit anderen IT-Geräten oder drückten sich als allgemeine Sorge um die Sicherheit aus. Dem ist entgegenzuhalten, dass heutige Funktechnologien mit zum Beispiel 863 bis 868 MHz, 902 bis 927 MHz, 2,4 GHz oder RFID länder- und bedarfsspezifische oder eigens für das Datacenter-Monitoring optimierte Kommunikationspfade, Frequenzen und Protokolle nutzen. Im speziellen Fall ist laut Hersteller Packet Power die gesamte Kommunikation abhörsicher, auf Pakete verteilt und je nach Anforderung komplett verschlüsselt. Die Technologie kann mit anderen Funkdiensten im Gebäude gut koexistieren, verfügt über eine hohe Störfestigkeit und nutzt dynamische Frequenzbänder, bei denen es zu keinen Interferenzen mit anderen Geräten im Rechenzentrum kommt. Darüber hinausgehende Sicherheitsmerkmale und Schutzfunktionen werden noch im Folgenden weiter erläutert.
Funk vs Kabel
Bei der funkgestützten Monitoring-Lösung ist das Modul zur Messung der Stromparameter direkt in das Stromkabel integriert. Dieses ersetzt einfach die konventionellen Netzkabel, mit denen IT-Geräte und Komponenten von Haus aus ausgestattet sind. Entsprechend umgerüstet werden können gängige Versorgungskabel, PDUs und Abgangskästen für 110 bis 240 VAC und 16, 32 oder 63 Ampere. Unterstützt wird ebenfalls die Integration der Messvorrichtungen in Einspeisekästen und Verteiler für ein oder dreiphasigen Strom von 10 bis 2000 Ampere. Die Erfassung der Stromwerte, wie etwa Volt, Ampere, Watt, Stromverbrauch, Frequenz, Leistungsfaktor, Scheinleistung oder Verbrauchsspitzen, lässt sich von der räumlichen Verteilungsebene bis auf einzelne Geräte herunterbrechen. Das Power-Monitoring ist dadurch granularer, als wenn das Equipment wie bei anderen Lösungen gruppiert über PDU-Steckerleisten oder als grosse Verteilungseinheit zusammengefasst per Rack überwacht wird.
Installation und Einrichtung
Den wohl markantesten Unterschied zu herkömmlichen Lösungen erfahren RZ- oder Facility-Fachkräfte bei der Implementierung des Funksystems: Nachdem die Einheiten für das Umgebungs-Monitoring platziert und aktiviert sowie die Stromkabel mit den integrierten Messmodulen angeschlossen worden sind, beginnen sich diese automatisch selbst zu konfigurieren, nehmen ihre Messtätigkeit auf und tauschen ihre Daten im Funknetzwerk aus. Der bei anderen Monitoring-Lösungen dafür übliche Verkabelungs- und Konfigurationsaufwand entfällt somit.
Zentral laufen die Messdaten der kabellosen Lösung an einem Gateway zusammen, die darüber per SNMP oder Modbus entweder an ein dediziertes Benutzerinterface als Software, Web- beziehungsweise Cloud-Anwendung oder an bestehende Datacenter- oder Gebäude-Management-Anwendungen übertragen werden. Das systemeigene Verwaltungstool bereitet die Messdaten zu Ist- und Trendreports zur Stromnutzung auf Gebäude-, Raum-, Verteilungs-, Rack- oder Geräteebene und zu Umgebungsparametern für jeden Raum, pro Rackreihe, Rack oder auch für die unterschiedlichen Ebenen und Höhenlagen in einem einzelnen Schrank auf und stellt diese grafisch dar. Über Dashboard-Anzeigen oder in tabellarischer Form können so beispielsweise die Verbrauchswerte für jedes IT-Gerät, die Auslastung von Verteilungen und einzelnen Abgängen sowie Temperatur-, Druck- und Feuchtewerte an den Racks, Stromkosten und CO2-Emission abgelesen werden. Wie die Verwaltungsplattformen von anderen Monitoring-Systemen auch gestattet es die Vordefinierung von Schwellenwerten für kritische Strom- und Umgebungswerte, sodass bei deren Überschreitung automatische Warnmeldungen per SNMP oder E-Mail ausgelöst werden.
Erweiterungen und Kapazitäten
Stehen Erweiterungen an, wird das neue Umgebungs- oder Strommessmodul einfach am gewünschten Ort platziert beziehungsweise im Netzkabel oder Abgangskasten integriert an eine Verteilung angeschlossen. Die restlichen Schritte laufen, wie schon geschildert, selbstkonfigurierend und nahezu vollautomatisch ab. Eine KMU-Version des Gateways konvertiert und transferiert die Daten von bis zu 250 Monitoring-Modulen. Die Enterprise-Variante bewältigt über multiple Gateways bis zu 2000 Einheiten und mehr. Durch die Einrichtung zusätzlicher Gateway-Instanzen lässt sich die Zahl der Sensor- und Messmodule theoretisch ohne Begrenzung erhöhen. Bestehende Monitoring-Module von Drittanbietern können in das Verwaltungssystem integriert werden, sofern diese via TXT, HTML, CSV, XML, SNMP oder Modbus über TCP kommunizieren.
Redundanz und Sicherheit
Wie bei kabelbasierten Monitoring-Systemen auch werden die übertragenen Messdaten mit einem Zeitstempel versehen über ein Verwaltungstool protokolliert und gespeichert, sodass diese jederzeit verfügbar bleiben. Der Transfer der Messdaten kann beim Funksystem genauso wie bei kabel- oder IP-basierten Lösungen verschlüsselt erfolgen. Im Falle einer Netzwerkstörung oder eines Stromausfalls schützt bei der Packet-Power-Lösung eine in die Monitoring-Module integrierte Keep-alive-Funktion vor einem Verlust der erfassten Daten. Durch die Option, neben einer primären Gateway-Instanz in einer Umgebung ebenfalls eine, zwei oder mehr zusätzliche Backup-Gateway-Instanzen einzurichten, lässt sich eine n-fache Redundanz herstellen. Da die Gateways ihre Datenbanken in sehr kurzen zeitlichen Zyklen miteinander synchronisieren, bleiben die Daten auch bei länger anhaltenden Betriebsstörungen oder einem Ausfall eines Versorgungsstranges vollständig erhalten.
Um sicherzustellen, dass nur autorisierte Personen Zugriff auf die Messdaten und deren Protokolle und Reports erhalten, lassen sich über das Verwaltungssystem der Funklösung und generell auch über die jeweilige Administrationsanwendung von konventionellen Monitoring-Systemen hierarchisch abgestufte Nutzungs- und Zugriffsebenen einrichten. Neben der erhöhten Sicherheit stellt dies auch einen weiteren, ganz handfesten Nutzen für zum Beispiel Colocation, Hosting oder Housing-Anbieter dar: Sie haben so die Möglichkeit, ihren Kunden dedizierte Reports zur Stromnutzung und Performance oder auch Abrechnungen zur Verfügung stellen zu können.
Fazit
Lösungen zum Monitoring von Strom- und Umgebungsparametern bieten RZ-Verantwortlichen gewissermassen das Cockpit, über das sie alle Hebel in Bewegung setzen können, um IT-Ressourcen und Energie effizienter und nachhaltiger zu nutzen und Strom sowie CO2-Emission einsparen zu können. Als Mess- und Kontrollwerkzeug überwachen sie die Leistungsabnahmen und Auslastungen von Verteilungen und Abgängen sowie Umgebungswerte. Sie warnen bei Unregelmässigkeiten oder Überlastungen bei der Versorgung und bei Leistungsverdich-
tungen sowie bei ungünstigen Temperaturentwicklungen und weiteren kritischen Umgebungsbedingungen. Ferner fungieren sie als Optimierungstool, das Leistungsgrenzen oder auch -reserven aufzeigt und eine bessere Lastverteilung im Rechenzentrum vorbereiten kann. Last but not least sind derartige Systeme natürlich auch Evaluationstools, mit denen sich der Erfolg von Massnahmen zur effizienteren Nutzung von Strom überhaupt erst beziffern und überprüfen lässt. In diesem Feld liefern sie die Messwerte zu einer soliden und fortwährenden Ermittlung der PUE (Power Usage Effectiveness) oder für individuelle KPIs (Key Performance Indicators) beziehungsweise Leistungskennzahlen zur Beurteilung der Effizienz des Verhältnisses von Energieeinsatz und Performance in der eigenen RZ-Umgebung.