Maschinensicherheit – was muss beachtet werden?

Der Beitrag informiert den Sicherheitsbeauftragten, wie Maschinen im Be­trieb entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen eingesetzt werden sollen. Dadurch können Änderungen nach dem Kauf der Maschine verhindert werden. Damit kann die Maschine im Betrieb schneller gewinnbringend eingesetzt werden.

Maschinensicherheit

Maschinen dürfen, wenn sie entsprechend den Angaben des Herstellers verwendet und in die Arbeitsumgebung integriert werden, keine Personen gefährden (Verordnung über die Unfallverhütung VUV, Artikel 24, 32a). Neue Maschinen müssen darum den ­Bestimmungen für das Inverkehrbringen entsprechen (Maschinenrichtlinie 2016/ 42/EG und ggf. weitere Richtlinien).

Vor der Beschaffung einer Maschine hat der Betreiber abzuklären, ob die zu kaufen beabsichtigte Maschine für die vorgesehene Verwendung und für die Integration in die Arbeitsumgebung geeignet ist. Gegebenenfalls ist der Hersteller über eine gewünschte Veränderung der bestimmungsgemässen Verwendung zu informieren. Ebenso kann es erforderlich sein, dass die betriebliche Umgebung der Maschine angepasst werden muss, weil beispielsweise erforderliche Fundamente fehlen oder Energieversorgungen, Flucht- und Transportwege etc. angepasst werden müssen. Anforderungen der Verordnung über die Unfallverhütung, des Arbeitsgesetzes und der kantonalen Baugesetze müssen dabei beachtet werden. Muss der Betrieb umgestaltet werden, ist bei den kantonalen Baubehörden eine Genehmigung der geplanten Anlage einzuholen (Plangenehmigung).

Für die meisten Maschinen kann der Inverkehrbringer – dies kann der Hersteller oder der Importeur sein – alleine ­beurteilen, ob die Maschine die Anforderungen für das Inverkehrbringen erfüllt.

Der Käufer muss vom Hersteller oder vom Importeur der Maschine eine Konformitätserklärung und eine Betriebsanleitung erhalten.

Konformitätserklärung

In der Konformitätserklärung bescheinigt der Hersteller seinem Kunden gegenüber die Bestimmungen, welche beim Bau der Maschine beachtet wurden. Der Käufer der Maschine kann damit überprüfen, ob die Maschinenrichtlinie sowie gegebenenfalls weitere relevante Richtlinien beachtet wurden und damit die Anforderungen für das Verwenden von neuen Maschinen im Sinne des VUV-Artikels 24 erfüllt sind.

Im Wesentlichen müssen auf der Konformitätserklärung folgende Angaben enthalten sein:

  1. Name und Adresse des Herstellers und ggf. seines Bevollmächtigten
  2. Name und Adresse der Person, welche die technischen Unterlagen zusammenstellt
  3. Beschreibung und Identifizierung der Maschine
  4. Erklärung, welchen Richtlinien die Maschine entspricht
  5. Gegebenenfalls die Fundstellen der angewandten harmonisierten Normen
  6. Ort und Datum der Erklärung
  7. Angaben zur Person, welche die Erklärung ausstellt
  8. Unterschrift der Person, welche die Erklärung ausstellt

Bestehen Zweifel bezüglich der Vollständigkeit der Konformitätserklärung, kann dieses Dokument mit der Suva-­Publikation CE08-17.d überprüft werden (siehe unter www.suva.ch/CE08-17.d).

Importiert ein Käufer einer Maschine diese selbst oder stellt er diese selber her, muss er dafür sorgen, dass die Maschine die Anforderungen der relevanten Bestimmungen erfüllt.

Überprüfung der Maschine und der Betriebsanleitung

Ist unklar, ob die Maschine und die Betriebsanleitung die gesetzlichen Anforderungen erfüllen, ist es sinnvoll, zuerst Kontakt mit dem Hersteller aufzunehmen. Dieser wird durch die Maschinenrichtlinie verpflichtet, in der Entwicklungsphase der Maschine eine Risikobeurteilung und -minderung vorzunehmen. Er sollte darum in der Lage sein, die Wahl oder Nichtwahl der Schutzmassnahmen zu begründen.

Das Gesetz sieht nicht vor, dass der Hersteller seinem Kunden die Dokumentation der Risikobeurteilung/-minderung offenlegen muss. Deshalb kann der Hersteller dem Kunden eine Einsicht in die erwähnte Dokumentation verweigern.

Im Folgenden soll aufgezeigt werden, wie der Betreiber die gekaufte Maschine und die Betriebsanleitung auf offensichtliche Mängel überprüfen kann, indem er mithilfe der grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen (Maschinenrichtlinie 2006/42/EG, Anhang l) kontrolliert, ob die wesentlichsten Prinzipien der Maschinensicherheit realisiert wurden und die wesentlichsten Angaben zur Maschine dem Benutzer vermittelt werden (siehe Tabelle 1 und 2).

Maschinensicherheit

Beispiel: Fräsmaschine für die Metallbearbeitung (1. Teil)

In der Betriebsanleitung einer computergesteuerten Fräsmaschine wird für das Beobachten einer Einstellung an der eingeschalteten Maschine das Entfernen ­einer feststehenden trennenden Schutzeinrichtung ohne weitere Schutzmassnahmen verlangt.

Unter dem Prinzip Nr. 5 in Tabelle 1, «Einrichtungen im Sonderbetrieb», wird auf die grundlegende Anforderung 1.2.5 verwiesen. Unter diesem Punkt werden unter anderem folgende Bedingungen für den Betrieb der Maschine mit abgenommenen trennenden Schutzeinrichtungen erwähnt:

  1. Betriebsartenwahlschalter, welcher in jeder Stellung abschliessbar ist, für die Wahl der entsprechenden Betriebsart und die Verhinderung nicht angewählter Betriebsarten;
  2. der Betrieb gefährlicher Funktionen darf nur möglich sein, solange die entsprechenden Befehlseinrichtungen betätigt werden, und Gefährdungen aus Befehlsverkettung müssen ausgeschaltet sein;
  3. der Betrieb gefährlicher Funktionen darf nur bei geringen Risikobedingungen möglich sein;
  4. gefährliche Funktionen, ausgelöst durch Einwirkung auf Sensoren, dürfen nicht möglich sein.

Damit kann festgestellt werden, dass das in der Betriebsanleitung beschriebene Vorgehen nicht den grundlegenden ­Sicherheits- und Gesundheitsschutz­anforderungen der Maschinenrichtlinie entspricht.

Vertiefte Überprüfung von Maschine und Betriebsanleitung

Falls mit dem oben beschriebenen Verfahren über die Sicherheit der Maschine noch keine ausreichende Klärung gefunden wurde, kann mithilfe der Normen – sie konkretisieren die grundlegenden ­Sicherheits- und Gesundheitsschutz­anfor­derungen der Maschinenrichtlinie – die Überprüfung der Maschine vertieft werden. Im Bereich der Normen, welche die Maschinenrichtlinie konkretisieren, gilt es, folgende Normentypen zu unterscheiden:

  1. Typ-A-Normen (Sicherheitsgrundnormen) behandeln Grundbegriffe, Gestaltungsleitsätze und allgemeine Aspekte, die auf Maschinen angewandt werden können
  2. Typ-B-Normen (Sicherheitsfachgrundnormen) behandeln einen Sicherheitsaspekt oder eine Art von Schutzeinrichtungen, die für eine ganze Reihe von Maschinen verwendet werden können
  3. Typ-C-Normen (Maschinensicherheitsnormen) behandeln detaillierte Sicherheitsanforderungen an eine bestimmte Maschine oder Gruppe von Maschinen

Um die Maschinenkonformität mit den Anforderungen der Maschinenrichtlinie nachzuweisen, kann der Hersteller die beim Bau der Maschine beachteten Normen in der Konformitätserklärung erwähnen.

Im Europäischen Amtsblatt werden Normen gelistet, bei deren Beachtung vermutet werden kann, dass die grund­legenden Anforderungen der Maschinenrichtlinie erfüllt sind (https://ec.europa.eu/growth/single-market/european-standards/harmonised-standards/machinery_en).

Falls Normen vom Hersteller in der Konformitätserklärung erwähnten wurden, können diese mit Hilfe des EU-Amtsblattes überprüft werden.

Für eine detaillierte Kontrolle der Maschine ist zuerst die für die Maschine relevante Typ-C-Norm zu beschaffen. Dort sind die Schutzmassnahmen erwähnt, mit welchen die Risiken der Maschine ausreichend gemindert werden können. Sind detaillierte Angaben zu ­einer einzelnen Schutzmassnahme erforderlich, kann mit der zutreffenden Typ-B-Norm abgeklärt werden, ob die an der Maschine vorhandene Schutzmassnahme ausreichend ist. In der Suva-Publikation CE19-1.d (www.suva.ch/CE19-1.d) sind häufig verwendete Typ-B-Normen und Publikationen erwähnt, in welchen Sicherheitsaspekte und Schutzeinrichtungen detailliert beschrieben sind.

Normen können bei der Schweizerische Normenvereinigung (www.snv.ch) bezogen werden.

Das Gesetz schreibt eine zweijährige Garantie vor. Wenn Mängel innerhalb der Garantiezeit dem Hersteller gemeldet werden, muss er diese unentgeltlich beheben. Das Gleiche gilt auch für Mängel in der Betriebsanleitung.

Beispiel: Fräsmaschine für die Metallbearbeitung (2. Teil)

Wie bereits im ersten Teil des Anwendungsbeispiels erwähnt, werden beim Betrieb einer Maschine mit entfernter trennender Schutzeinrichtung Ersatzmass­nah­-men in den grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen verlangt. In der relevanten Typ-C-Norm für Fräsmaschinen in der Metallbearbeitung EN 13128:2001+A2:2009 sind unter anderen folgende Massnahmen für den Betrieb bei entfernten trennenden Schutzeinrichtungen beschrieben:

  1. Achsbewegungen begrenzt auf 2 m/Min., ausgelöst durch Befehlseinrichtung mit selbsttätiger Rückstellung (Tippschalter)
  2. Spindeldrehung ausgelöst und aufrecht erhalten mit folgenden Einrichtungen:
  3. Befehlsgeber mit selbsttätiger Rückstellung (Tippschalter)
  4. Spindelstart-Befehlseinrichtung in Verbindung mit einer Zustimmungseinrichtung

Die Spindeldrehzahl muss so begrenzt sein, dass die Spindel innerhalb von zwei Spindelumdrehungen (Leerlauf) gestoppt werden kann.

Liegt eine Typ-C-Norm vor, kann der Stand der Technik für eine Maschine relativ einfach bestimmt werden.

Betreiben von Maschinen

In der Betriebsanleitung werden dem ­Betreiber der Maschine Angaben zur bestimmungsgemässen Verwendung und zum sicheren Umgang mit der Maschine gegeben. Der Betreiber muss diese bestimmungsgemäss verwenden und die Angaben der Betriebsanleitung beachten (VUV, Art. 32a). Dies bedeutet, dass der Betrieb diejenigen Personen, welche mit der Maschine arbeiten oder mit ihr in Kontakt kommen könnten, entsprechend der Betriebsanleitung instruieren muss (VUV, Art. 6).

Ändern von Maschinen

Wird eine Maschine wesentlich geändert oder nicht bestimmungsgemäss verwendet, so müssen die neu auftretenden Risiken gemindert werden, damit die Sicherheit und die Gesundheit von Personen gewährleistet ist (VUV, Art. 32a). Dies erfordert, dass bei jeder Änderung der Maschine eine Beurteilung der Risiken vorgenommen werden muss. Entstehen neue Risiken durch die Änderung der bestimmungsgemässen Verwendung, der Leistung oder der Funktion, kann es sich um eine wesentliche Änderung handeln.

Wird festgestellt, dass die an der Maschine vorhandenen Schutzmassnahmen nicht mehr ausreichen, müssen diese ergänzt werden. Abhängig von den neu erforderlichen Schutzmassnahmen und der Grösse des Risikos müssen auch bei der Änderung von alten Maschinen die Bestimmungen für neue beachtet werden (vgl. Abb. 4 unten).

Wenn ausschliesslich die Funktion und die Leistung der Maschine erhalten werden sollen und Anpassungen erforderlich sind, da die Originalersatzteile nicht mehr beschafft werden können, stellt dies in der Regel nicht eine wesentliche Änderung dar. Die Risiken infolge der Anpassungen sind zu beurteilen und, falls nötig, zu mindern.

Für Maschinen, welche vor dem Jahr 1997 in Verkehr gebracht wurden, sind die Anforderungen der Verordnung über die Unfallverhütung Art. 25 bis 32 und 34 Absatz 2 zu beachten. Eine mögliche Konkretisierung dieser Anforderungen ist unter anderem in der EKAS-Richtlinie Nr. 6512 «Arbeitsmittel» dargestellt.

Für Maschinen, welche erstmals nach 1996 in Verkehr gebracht wurden, sind die Bestimmungen für das Inverkehrbringen, welche zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens gültig waren, zu beachten.

Mauritius Bollier, Masch. Ing. HTL, Sicherheitsingenieur, Suva, Bereich Technik

Maschinensicherheit

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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