​Prüfen oder sanieren?

Bis im Jahr 2024 müssen Halontrockenlöschanlagen entsorgt werden. Warum es zum definitiven Aus für Halon kommt und welche Konsequenzen und Alternativen sich daraus herleiten, erläuterte Roland Matthes, Obmann Trockenlöschanlagen vom SES-Verband, der Redaktion vom SicherheitsForum.

Halon
Bild: depositphotos

Ab 2024 wird Halon als Löschgas gemäss Kyoto-Protokoll von 1997 in der Schweiz definitiv verboten sein. Bis anhin konnten Anlagen jedoch weiterhin betrieben werden. 2019 wurde die Chemikalienreduktionsverordnung ersetzt, um innerhalb einer üblichen Frist von fünf Jahren die Anlagen zurückzubauen respektive diese zu demontieren und fachgerecht zu entsorgen. Eine fachgerechte Entsorgung des Halons erfolgt in speziellen Hochtemperaturöfen, damit keine Ozongefährdung entsteht. Sämt­liche Halonlöschanlagen sind beim Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) in einem Register erfasst und ­müssen bei einer Demontage gemeldet werden.

Weiterhin von einer Halonentsorgung ausgenommen sind Kernkraftwerke, Flugzeuge und Armeefahrzeuge. Da bei Kernkraftwerken keine Überdruckentlastung ins Freie entstehen darf, gilt diese Regelung weiterhin. Bei Atomkraftwerken besteht beispielsweise nach wie vor die Notwendigkeit für ein gewisses Pflicht­lager an Halon. Roland Matthes, Obmann Trockenlöschanlagen (TLA) vom SES, erklärt den Sachverhalt anhand eines Beispiels: «Ist eine TLA in Betrieb, die ein Gas in einen Raum befördert, wird ein Überdruck mit dem Löschgas erzeugt. Gleichzeitig wird der Sauerstoff im Raum ­reduziert, was den Schwelbrand zum Erlöschen bringt. Bei Halon ist allerdings prinzipiell keine Überdruckentlastungskappe nötig. Bei dem altgedienten Löschgas reichte bislang eine sehr geringe Druckkonzentration von 2 bis 3 Prozent, wozu keine Luftdruckabfuhr nötig ist.»

 

Definitives Aus für Halon
-1997 gemäss Kyoto-Protokoll verboten.
-2003: Schweiz verbietet die Wiederbefüllung.
-2019: Chemikalienreduktionsverordnung vom 18. Mai 2005
-Circa 92 Tonnen Halon sind noch registriert.
-Ab 2019 Verbot für Halonlöschanlagen.
-Ab 1. Juni 2024 müssen alle Halonlöschanlagen demontiert und entsorgt sein.

 

Beim Rückbau der Halonanlagen stellen sich aber hinsichtlich der Eigenschaften eine Menge Fragen. So lassen sich beispielsweise die bisherigen Rohre aufgrund einer höheren Druckstufe nicht mehr verwenden. Zudem sind die Aggregatzustände der alternativen Gase «druckintensiver», zumal aktuelle Leitungen Drücken von bis zu 60 bar standhalten können, ­während bei Halon eine Druckleistung von 24 bar den bisherigen Anforderungen genügte.

Nehme man nun auf einmal ein Drucknetz mit 60 bar bei einem 30 Jahre alten Rohrsystem in Betrieb, könne sich das betagte Rohrsystem als kritisch erweisen, sagt Matthes. Eine weitere hohe Anforderung stellt das Neuverlegen dar, wenn viele alte Rohrsysteme beispielsweise unter dem Dickicht vieler Kabel in grossen Elektroschränken verankert sind.

Vor- und Nachteile der Alternativen zu Halon

Auf die Frage, was es an Alternativen gebe, meint Matthes: Zum einen wären die inerten, natürlichen Löschgase wie Stickstoff, Argon und Kohlendioxid zur Sauerstoffreduzierung ein möglicher ­Lösungsansatz. Zum anderen böten sich chemische Lösungen wie Novec 1230 (FK-5-1-12) an. Das Novec wird in den Behältern flüssig gelagert und mit Stickstoff gepolstert. Der Stickstoff dient dazu, das flüssige Löschmittel bis zur Düse zu transportieren. Ausserhalb der Düse verdampft das Löschmittel.

Personengefahren

Inerte Löschgase wie Stickstoff, Inergen und Argonyte (beides Produktnamen) bergen keine direkten Personengefahren, da der Restsauerstoffgehalt über zehn Prozent beträgt. Beim CO2 ist jedoch bereits eine gewisse Gefahr gegeben, da das lungenfüllende Gas bereits ab fünf Volumenprozent im Raum für Personen eine Gefahr darstellen kann, da praktisch bei jeder Löschung mindestens 45,2 Prozent CO2 in den Raum befördert werden. Von ­einem chemischen Löschmittel wie ­Novec 1230 geht aufgrund der kurzfristigen chemischen Reaktion hingegen keine Personengefahr aus, da der Restsauerstoffgehalt nach der Flutung immer noch 18 bis 19 Prozent beträgt.

Flutungszeiten und Platzbedarf für Bevorratung

Die Flutungszeiten bei den inerten Gasen können sich auf bis zu 120 Sekunden erstrecken bzw. auf 60 bis 120 Sekunden beim CO2. Bei einer chemischen Reak­tion muss das Gas reaktionsbedingt innert zehn Sekunden den Raum befüllen, was Betreiber von Anlagen vor eine gros­se Herausforderung stellt. Ein zen­trales Thema ist die Bereitstellung der Menge an verfügbarem Gas. Bei den chemischen Gasen sind etwa zehn Behälter Novek erforderlich. Beim CO2 werden etwa vier Flaschen CO2 für dieselbe Menge an Halonflaschen beansprucht. So würden für eine Flasche Stickstoff nun fünf Gasbehälter zur Anwendung gelangen. Bei Argon müssten beispielsweise sechs Behälter verwendet werden. Ein Hauptproblem besteht daher auch beim Platzbedarf.

Prüfzyklen der Druckbehälter

Seit 2015 ist die offizielle Behälterprüfung bei allen Behältern mit über 3000 Barliter erforderlich. Alle zehn Jahre ist es zurzeit Pflicht, die Behälter zu prüfen. Sie sind durch den Betreiber meldepflichtig.

Dazu werden die Behälter in der Regel demontiert und einzeln geprüft. Das derzeitige Prüfungsintervall von zehn Jahren sorgt aktuell bei den Errichtern, insbesondere bei der TAK TLA des SES, für rote Köpfe. So wird beispielsweise ein Druckbehälter einer Schweissanlage tagtäglich be- und entlastet. Eine Gaslöschanlage kann demgegenüber bis zu 40 Jahre an Ort und Stelle stehen. Ein weiteres Paradoxon: Die Behälter stünden fix installiert in einem Gestell und sind drucküberwacht bei einer Anlage. Der Schutz durch Witterung und Sonneneinstrahlung sei ebenfalls gewährleistet. Auf der Anlage könne theoretisch auch nicht viel passieren, so Matthes.

Definitives Aus für Halon

Stehe nun bei einem Kunden einer älteren Anlage eine kostenaufwendige Behälterprüfung an, würden als Folge Behälter unter Umständen meist demontiert, was nicht das Ziel sein könne.

«Als ich 2017 bei dem SES bei der TAK TLA die Funktion als Obmann übernommen habe, sagte ich als Erstes, wir müssen Fakten schaffen, um argumen­tieren zu können.» Dadurch musste die SES-Statistik angepasst werden, um he­rauszufinden, wie viele Anlagen pro Jahr überhaupt geprüft respektive demontiert werden. Gleichzeitig wollte man wissen, wie viele Behälter die Prüfung nicht bestanden haben.

«Interessanterweise haben unsere Statistiken ergeben, dass wir beispielsweise im letzten Jahr bei 50 bis 60 geprüften Anlagen etwa gleich viele Anlagen demontiert haben. Nur 1 Prozent der etwa 600 bis 700 Behälter hielten der Prüfung nicht stand», sagt der TAK-Obmann. Dies sei auch genau der Grund, weswegen man sich zurzeit mit dem SVTI und der Suva noch in der Diskussion befinde. Auf die Ergebnisse sind wir gespannt.

 

Was kann der Betreiber tun?
-Regelmässige Wartung durch eine Fachfirma
-Prüfung nach ADR und DGVV nach Vorgaben durchführen
-Anlage auf neuere Technologien modernisieren
-Zusammenlegen von geschützten Räumen

 

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