Rechtliche Grundlagen für den Einsatz von Drohnen
Die EU-Verordnungen 2019/945 und 2019/947 bilden die Grundlagen für die Betriebsvorschriften von UAS (Unmanned Aerial Systems). Damit wurden die geltenden und teilweise höchst unterschiedlichen nationalen Gesetzgebungen vereinheitlicht. Die Verordnungen gelten nicht nur in den EU-Mitgliedsstaaten, sondern auch in Liechtenstein und der Schweiz.
Die Verordnung regelt die Nutzung von UAV unter freiem Himmel. Sie gilt nicht, wenn z.B. Aufnahmen bei einer Sportveranstaltung in einer Halle gemacht werden sollen. In diesem Fall greifen «lediglich» die üblichen Arbeitsschutzvorschriften.
Einen weiteren Sonderfall bilden sog. «tethered drones» («gefesselte Drohnen»), also UAV, die über Strom- und Datenkabel fest mit einer Bodenstation verbunden sind. Die EU-Verordnungen gelten hier nur teilweise bzw. abweichend.
Für Deutschland z.B. war eine wesentliche Änderung, dass nicht mehr zwischen privater und gewerblicher Nutzung von UAV (Unmanned Aerial Vehicle) unterschieden wird. Stattdessen werden UAV grundsätzlich in drei Betriebskategorien eingeteilt.
Kategorie Offen (Open):
- Vorgesehen für UAV und Flüge mit geringen und alltäglichen Anwendungsszenarien
- Einteilung in sieben Risikoklassen (C0 bis C6)
- Weitere Unterteilung in drei Unterkategorien, die die Abstände zu Personen und Gebäuden regeln
- In diese Kategorie fällt die Masse der UAV-Einsätze
Kategorie Spezifisch (Specific):
- UAV-Einsätze, die mindestens eine Vorgabe der Kategorie «Offen» überschreiten
- Die Nutzung in dieser Kategorie benötigt eine individuelle Ausnahmegenehmigung durch die jeweilige Luftfahrtbehörde, die auch Auflagen erteilen kann
Kategorie Zertifiziert (Certified):
- Vorgesehen für spezielle Anwendungsfälle (z.B. in der Industrie, im Transportwesen etc.)
- Für das UAV und den Steuerer sind spezielle Zertifizierungsprozesse und Lizenzen notwendig
- Die Luftfahrtbehörde kann den Einsatz mit Auflagen versehen
Im Folgenden betrachten wir hauptsächlich die Kategorie «Offen», da sie die wesentlichen Grundlagen des Einsatzes definiert.
Die UAV werden in dieser Kategorie wie oben erwähnt in sieben Risikoklassen unterteilt. Für unsere Betrachtung relevant sind dabei nur die Klassen C0 bis C4, da C5 und C6 Sonderfälle der Klasse C3 darstellen.
Für (fast) alle Klassen gibt es dabei Gemeinsamkeiten:
- Maximale Flughöhe 120 Meter über Grund (Above Ground Level, AGL); dies gilt jedoch nur für C0 bis C3
- Flüge sind nur in Sichtweite des Steuerers erlaubt, allerdings mit zwei Ausnahmen
- Das UAV fliegt im sogenannten «Follow-Me-Modus» in maximal 50 Metern Entfernung zum Steuerer oder
- Es ist ein Beobachter vorhanden, der Blickkontakt zum UAV und ständigen Kontakt zum Steuerer hat
- Der Betreiber des UAV muss für das Gerät eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen haben
- Das Mindestalter des Steuerers muss (ausser bei der Klasse C0) 16 Jahre alt sein; das Alter kann aber durch nationale Regelungen um bis zu vier Jahre abgesenkt werden
- Betreiber (Eigentümer) von UAV müssen sich beim Luftfahrtbundesamt (LBA) registrieren und erhalten eine elektronische ID; diese ist sichtbar am UAV anzubringen
- Ausnahme: UAV mit einem Startgewicht von weniger als 250 Gramm, wenn diese keine Sensoren zur Erfassung persönlicher Daten (z.B. eine Kamera) haben
- Es dürfen keine gefährlichen Güter transportiert oder Gegenstände abgeworfen werden.
In der Tabelle stellen wir die Einzelanforderungen dar, die die jeweiligen Klassen unterscheiden. In welche Kategorie ein UAV fällt, legt dabei der Hersteller des Geräts fest.
Es wird deutlich, dass die EU Drohnen der Kategorie C0 primär als Spielzeug einordnet. Der überwiegende Teil der privat genutzten UAV dürfte damit in dieser sowie der Kategorie C1 zu finden sein. In C2 und C3 dürften vor allem (semi-)professionelle Systeme fallen, also auch solche, die potenziell für den Einsatz im Werkschutz interessant sein dürften. Die Kategorie C4 ist hauptsächlich für ferngesteuerte Modellflugzeuge vorgesehen.
Innerhalb der Risikoklassen C0 bis C6 wird eine Unterkategorisierung vorgenommen, welche primär das Heranfliegen an Personen, aber auch den Abstand zu Gebäuden regelt.
Kategorie A1:
Das Heranfliegen an unbeteiligte Personen ist erlaubt. Ein Überfliegen von Personen sollte vermieden werden. Wenn dies nicht möglich ist, muss der Überflug schnellstmöglich beendet werden.
Kategorie A2:
Ein horizontaler Abstand von mindestens 30 Metern zu unbeteiligten Personen ist einzuhalten. Im Low-Speed-Modus (3 m/s) darf sich die Drohne bis maximal fünf Meter bzw. direkt proportional zur geflogenen Höhe unbeteiligten Personen nähern.
Kategorie A3:
Es ist ein Mindestabstand von 150 Metern zu Personen einzuhalten. Es darf nach vernünftigem Ermessen keine Gefährdung für unbeteiligte Personen entstehen. Ausserdem sind mindestens 150 Meter Abstand zu Wohn-, Gewerbe-, Industrie- oder Erholungsgebieten einzuhalten.
Betrachtet man sich die Anforderungen der Kategorie A3, kommt man fast automatisch zum Schluss, dass sich faktisch kein UAV der Risikoklasse C3 im urbanen Umfeld bewegen darf, außer es hätte hierfür eine Sondergenehmigung. Dadurch fiele es aber automatisch in die Betriebskategorie «Specific».
Zu klären sind noch zwei unbestimmte Begriffe:
a) (Un-)Beteiligte Person:
Als «beteiligte Personen» bezeichnet die Verordnung den Steuerer des UAV, einen eventuell vorhandenen Beobachter, den Betreiber des UAV und den Auftraggeber des Einsatzes. Als «unbeteiligte Personen» gelten damit alle Personen, die nichts mit dem konkreten Einsatz des UAV zu tun haben, also z.B. Besucher einer Veranstaltung, bei der Aufnahmen durch UAV gemacht werden sollen.
b) Menschenansammlung:
Der Begriff «Menschenansammlung» wird unterschiedlich definiert. Hier eine Auswahl, an der sich der Nutzer von UAV orientieren kann:
Bayerisches Oberlandesgericht: «Unter Menschenansammlung versteht man das Zusammensein einer Vielzahl von Menschen, d.h. einer so grossen Personenmehrheit, dass ihre Zahl nicht sofort überschaubar ist und es auf das Hinzukommen oder Weggehen eines einzelnen nicht mehr ankommt.» (BayObLG, 26.08.1987, 3 Ob Owi 118/87)
Luftfahrtbundesamt: «Bei einer Anzahl von mehr als 12 Personen ist regelmässig davon auszugehen.» (NfL-1-837-16)
«Eine Vielzahl von Menschen, die so dicht gedrängt stehen, dass es einer einzelnen Person nahezu unmöglich ist, sich aus dieser Menge zu entfernen.» (LBA A1/A3 Training)
Weitere Auflagen
Neben der Einstufung in Betriebs- und Risikoklassen hat die EU Herstellern und Betreibern von UAV noch weitere Auflagen gemacht, die teilweise erhebliche Auswirkung auch auf die Sicherheit von Unternehmen haben werden. Zu den wesentlichen Neuerungen gehören, dass UAV der Klassen C1 bis C3 zukünftig über folgende Systeme verfügen müssen.
1. Notfallprozeduren
Die Drohne muss über einen Modus verfügen, der bei Störungen der Funksignale zwischen Steuerer und Drohne verhindert, dass das Gerät unkontrolliert abstürzt. Dies kann z.B. eine automatische Notlandefunktion oder ein «Return-to-home»-Modus sein.
2. Geosensibilisierung
Verschiedene Hersteller haben bereits in der Vergangenheit über die Firmware des UAV verhindert oder zumindest den Steuerer davor gewarnt, dass eine Drohne in Flugbeschränkungs- oder -verbotszonen (z.B. Regierungsgebäude, Flughäfen, kerntechnische Einrichtungen etc.) einfliegt.
Über ein solches System muss seit 2023 jede Drohne der Klassen C1 bis C3 verfügen. Modellflugzeuge (Klasse C4) benötigen dies, wenn sie in einer entsprechenden Flugzone betrieben werden sollen.
Die Staaten, in denen die Verordnung gilt, müssen verbindliche Daten zu solchen Zonen in einem einheitlichen Format bereitstellen. Ein UAV muss vor seinem Start diese Daten abrufen und den Steuerer mindestens warnen, wenn dieser Gefahr läuft, in eine Beschränkungs- oder Verbotszone einzufliegen.
3. Fernidentifikation
Die grösste Auswirkung dürfte die Vorschrift haben, dass alle UAV der Risikoklassen C1 bis C3 nunmehr über eine Fernidentifikationsmöglichkeit verfügen müssen, ähnlich Transpondern bei «herkömmlichen» Luftfahrzeugen.
Dabei muss die Drohne über (Mobil-)Funk permanent folgende Daten offen senden:
- Betreiber-Nummer des UAV
- Seriennummer
- Position und aktuelle Flughöhe
- Flugrichtung
- Fluggeschwindigkeit
- Position des Steuerers bzw. Startpunkt des UAV
Im Grundsatz kann also jede Person mit einem Smartphone und einer entsprechenden App die Luftlage in seiner Nähe vollständig einsehen und beurteilen.
Konsequenzen
Insbesondere die Fernidentifikation wird das Thema «Drohnendetektion» erheblich vereinfachen. Die meisten UAV können über diesen Weg automatisch erkannt und verfolgt werden. Übrig bleiben «nur noch» UAV, deren Steuerer bewusst eine Identifikation und Verfolgung vermeiden und bei denen man daher mit einer gewissen Berechtigung davon ausgehen kann, dass sie vorsätzlich unerlaubte Handlungen begehen wollen. Hierfür werden auch zukünftig gewerbliche Detektionssysteme notwendig sein. Noch genauer als bisher sollten Nutzer aber darüber nachdenken, welche Gebäude oder Geländebereiche mit solchen Systemen überwacht werden müssen. Sinnvoll wäre es, z.B. Leitstellen mit solchen Empfangs- und Darstellungsmöglichkeiten nachzurüsten werden, um das Geschehen rund um den oder die Standorte überwachen und ggf. (organisatorische) Massnahmen ergreifen zu können.
Auch die Ausrede vieler Steuerer, dass ihnen unbekannt war, dass sich ihr UAV in einer Flugbeschränkungs- oder -verbotszone bewegt (vielen wussten es laut Erhebungen wohl tatsächlich nicht), greift nun nicht mehr.
Ebenso vereinfacht wird die Strafverfolgung bei Verstössen gegen die Bestimmungen, da über die Fernidentifikation der Betreiber des UAV einfach ermittelt und eventuell sogar sein aktueller Standort festgestellt werden kann.
Ergänzende Hinweise:
Für einen sinnvollen Einsatz im Werkschutz wird die Nutzung der Kategorie Open selten ausreichend sein, alleine schon, weil der Flug dann nur in Sichtweite des Steuerers oder eines Beobachters bzw. im Follow-Me-Modus zulässig wäre. Dies dürfte aber in den meisten Fällen dem beabsichtigten Zweck einer solchen Nutzung zuwiderlaufen.
Es ist also höchst wahrscheinlich, dass die Betriebskategorie Specific notwendig wird. Voraussetzung hierfür ist eine Genehmigung der zuständigen Landesluftfahrtbehörde. Für den entsprechenden Antrag müssen vorgelegt werden:
- das Betriebshandbuch des UAV
- eine Risikobewertung des vorgesehenen Einsatzes gemäss SORA (Specific Operational Risk Assessment), siehe https://tinyurl.com/ycyam7n6
- Koordinaten des vorgesehenen Fluggebiets