RZ-Sanierung im laufenden Betrieb

Nicht immer macht es Sinn, ein neues Rechenzentrum auf der grünen Wiese aus dem Boden zu stampfen. Oft lässt sich Bestehendes weiterhin nutzen. Gründe und Lösungsansätze hierzu.

RZ-Sanierung im laufenden Betrieb

Servergenerationen kommen und gehen. Als Faustregel ­werden die IT-Geräte alle drei Jahre ausgetauscht. Was bleibt, sind das RZ und dessen Infrastruktur. Typischerweise alle 15 bis 20 Jahre bietet sich hier die Chance für grössere Anpassungen. Auslöser sind meist gealterte Komponenten der In­f­rastruktur oder auch geänderte An­forderungen der (eben einmal mehr) wechselnden nächsten Servergeneration. Mehr Leistung auf weniger Platz führt zu mehr Leistungsdichte, stellt aber auch gesteigerte Anforderungen insbesondere an Stromversorgung, Kühlung und Überwachung.

Höhere Verfügbarkeit

War IT früher «Mittel zum Zweck» und eher als unterstützendes Arbeitsmittel eingesetzt, so läuft heute ohne IT gar nichts mehr. Bereits kurze Unterbrüche führen zu Arbeitsausfällen und Mehr­aufwänden – ein halbtägiger Ausfall des Internets gilt in einem Grosskonzern oft als kleine Katastrophe. Aber auch kleinere Firmen erleben den Wandel. Wurde ein Stromausfall am Firmenhauptsitz früher hingenommen, so besteht gerade bei Aussenstellen die Erwartungshaltung, dass trotz lokalem Stromausfall ein normales Arbeiten gewährleistet ist.

Zeit für Veränderung

Was auch immer der Auslöser ist: Veränderungen im RZ kosten Zeit und Geld. RZ-Fläche zählt unterdessen zu den ­teuersten Gebäudeflächen überhaupt. Die Erstellungskosten können schnell CHF 15 000 bis CHF 25 000 pro Quadratmeter betragen. Hier lohnt es sich, vor der Investition einige grundsätzliche Fragen zu stellen:

  • Standortrisiken: Steht das RZ am richtigen Ort?
  • Kapazität: Welche Flächen und Leistungen werden benötigt?
  • Verfügbarkeit: Welche Ausfallzeit pro Jahr wird toleriert?

Energieeffizienz und Green IT sind zwar schöne Schlagwörter, erfahrungsgemäss werden sie vor allem dann angepackt, wenn es sich auch finanziell lohnt. Grös­sere Um- oder Neubauten sind genau ­solche Chancen, um auch hier einen Schritt weiterzukommen. Das Förderprogramm PUEDA wird im Rahmen der wettbewerblichen Ausschreibung zur Steigerung der Stromeffizienz des Bundes durchgeführt und kann zusätzliche finan­z­ielle Anreize schaffen.

Grüne Wiese im Keller

Wer wünscht sich nicht, einmal alle Altlasten hinter sich zu lassen und ein RZ von Grund auf neu gestalten zu können? Jüngste Beispiele in der Schweizer RZ-Branche zeigen, welch innovative Lösungen dabei möglich sind. Für viele RZ-Betreiber heisst es jedoch meistens, nach Abwägung der Varianten Neubau, Co-Location und Sanierung, sich mit dem bestehenden Standort zu arrangieren. Die «grüne Wiese» ist dann eben im eigenen Keller, nicht grün, sondern schon vorbelastet. Sie muss vor allem während eines Umbaus immer noch betrieben werden.

Sanierung im laufenden Betrieb

Wird ein bestehendes Rechenzentrum baulich saniert, bringt dies unerwünschte Nebenwirkungen mit sich. Staub, Dreck, Erschütterungen, IT-fremdes Personal sowie Eingriffe an der vitalen Haustechnik sind der Albtraum jedes RZ-Be­treibers. Werden ganze Wände eingerissen, neue Kühlleitungen auf Platz geschweisst und die Elektrohauptverteilung ersetzt, dann wird es schwierig, während dieser Zeit einen ausfallsicheren Betrieb, Datenschutz und Datensicherheit zu garantieren. «Flucht» erscheint da ein gutes Mittel zu sein.

Provisorisches RZ

Bei grösseren RZ-Umbauten ist der temporäre Umzug der IT eine gute Variante. Im Idealfall sind dazu bereits passende Räume in der näheren Umgebung vorhanden. Es lohnt sich entsprechende ­Kapazitäten firmenintern, bei Co-Location-Anbietern oder auch bei benach­barten Firmen abzufragen. Gibt es keine passende RZ-Fläche, kann es sich lohnen, diese temporär aufzubauen.

«Schlüsselfertige RZ» können von verschiedenen Anbietern in Container-bauweise bezogen werden. Zur (Aussen-)Aufstellung braucht es in erster Linie Platz sowie Strom- und Datenanbindung. Notstromversorgung und Kälteproduk­tion können bei Bedarf ebenfalls in Containerbauweise dazugestellt werden. Gerade in den USA sind solche modularen Data Center (temporär und fix) verbreitet anzutreffen. Hierzulande ist der Trend (noch) nicht angekommen. Doch gerade für temporäre Lösungen gibt es durchaus Argumente, wobei die Mietkosten nach zehn bis zwölf Monaten meistens den Kaufpreis übersteigen.

Ebenfalls geeignet für temporäre RZ sind leer stehende Kellerräume. Insbesondere Schutzräume können mit einer entsprechenden Umrüstung als passable Lösung während der Bauphase dienen. Wichtig ist eine saubere Trennung zum Bauperimeter, sodass das bestehende RZ nach dem temporären Umzug der IT möglichst unbelastet umgebaut werden kann.

Räumliche Etappierung der Arbeiten

Gibt es keine Ausweichflächen für die IT, kommt es zum ungeliebten Zusammentreffen von IT-Betrieb und den Umbauarbeiten. Es empfiehlt sich stark, die beiden Arbeitsbereiche so lange und so gut wie möglich getrennt zu halten. Dabei steht die (räumliche) Etappierung im Vordergrund: Ein bestimmter Bereich des RZ wird frei geräumt, mit Trennwänden abgetrennt und dann saniert. Einerseits können so die Personenbewegungen besser kontrolliert werden und andererseits soll die direkte Beeinflussung der IT durch die Bauarbeiten minimiert werden. Weiter kann mittels Unter- respektive Überdruck die Staubbelastung für das RZ verkleinert werden.

Operation am offenen Herzen

Besonders herausfordernd sind Arbeiten innerhalb einer produktiven Umgebung: Gibt es Bohrstaub, wird dieser von den Servern angesogen. Tropft es, kann es zum Kurzschluss kommen. Erschütterungen übertragen sich direkt auf die IT-Komponenten. Wobei sich die «elementaren» Beeinflussungen noch (teilweise) messen und einordnen lassen. Dagegen gibt es noch weitere Gefahrenquellen, welche schwieriger einzuordnen sind: Einschränkungen in der Verfügbarkeit, Ri­siko von Fehlmanipulationen, IT-fremdes Personal, Sabotage/Beschädigungen etc.

Maximale Beachtung gilt es den Arbeiten an der vitalen Haustechnik zu widmen. Werden Kühlkreisläufe neu verlegt und die Elektrohauptverteilung während des ­laufenden Betriebs ausgetauscht, führen auch kleine Fehler direkt zu einem Sys­temausfall. Hier empfiehlt sich der vorgängige Aufbau von entsprechenden ­Provisorien. So können temporär Re­dundanzen geschaffen werden.

Fazit

Umbauten im laufenden RZ-Betrieb sind immer eine grosse Herausforderung. Die sorgfältige Planung umfasst dabei nicht nur die baulichen Bereiche, sondern deckt insbesondere die folgenden Punkte ab:

  • Risikoplanung
  • Definieren von Rückfall-Ebenen
  • Notfallplanung (Verantwortlichkeiten, Ressourcen etc.)

Besonders heikle Arbeiten sind auf die vordefinierten Wartungsfenster zu legen. Allgemein gilt, dass ein geplanter Unterbruch besser ist als ein Ausfall im Tagesbetrieb. Organisatorisch ist sicherzu­stellen, dass nur autorisierte Personen in den Sicherheitsbereichen arbeiten. Vorgängige Anmeldung, Ausweispflicht bis hin zu Personensicherheitsüberprüfungen sind probate Mittel hierfür. Es ist festzulegen, welche Arbeiten nur nach Vorankündigung und in Begleitung erlaubt sind. Eine enge Projektbegleitung durch den RZ-Betreiber bindet zwar Ressourcen, ist aber eine Grundvoraussetzung für eine konstruktive Zusammenarbeit mit Planern und Unternehmern. Nur so kann erfolgreich im «laufenden Betrieb» umgebaut werden.

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