SBB-Unfall: Sust plädiert für neues Türschliesssystem
Heute hat die Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle (Sust) einen Zwischenbericht zum tödlichen SBB-Unfall in Baden veröffentlicht. Die Sust hat im Zusammenhang mit dem Einklemmschutz zwei Fehlfunktionen festgestellt.
Wie bereits bekannt, wurde der Zugchef Bruno R. (54) am 4. August 2019 im Bahnhof Baden während des Türschliessungsprozesses eingeklemmt und mitgeschleift (vgl. Bericht hier). Laut Sust-Zwischenbericht hat der Einklemmschutz der Türe 4 im fünftletzten Wagen des Typs EW IV nicht funktioniert.
Im Sust-Zwischenbericht heisst es dazu: «Beim Einklemmschutz wurden zwei Fehlfunktionen festgestellt. Die lose Verbindung (vgl. Foto) beim Druckwellenschalter der Türe 4 hatte zur Folge, dass die Schliesskraft der Türe nicht abgebaut wurde, wenn sie auf ein Hindernis traf. Der Einklemmschutz war somit nicht wirksam. Der Sensor ‘Türe zu 98% geschlossen’ soll systembedingt die Einklemmschutzfunktion kurz vor Endschliessung der Türe deaktivieren. Da dieser Sensor nicht immer an der gleichen Position anspricht, kann der Einklemmschutz seine vorgesehene Funktion nicht sicherstellen. Daher ist es nicht auszuschliessen, dass der Einklemmschutz nicht kurz vor der Endschliessung der Türe deaktiviert wird, sondern schon früher.»
Sust-Sicherheitsempfehlung
Die Sust empfiehlt in ihrem Zwischenbericht, das heutige System für die Inaktivschaltung des Einklemmschutzes der Einheitswagen IV durch ein zuverlässiges System zu ersetzen.
Die Untersuchungsstelle spricht ferner von einem Sicherheitsdefizit: «In die Türen eingeklemmte Personen oder Gegenstände müssen mit hoher Sicherheit festgestellt werden. Das heutige System der EW IV mit der Parallelschaltung von zwei Türendschaltern erfüllt diese Anforderung nicht. Die Tür kann dem Lokführer als geschlossen gemeldet werden, obwohl diese nicht ganz verschlossen ist. Dies führt zu Unsicherheit beim Lokpersonal und kann zu Unfällen führen.» Aus diesem Grund plädiert die Sust dafür, das Türendschaltersystem der EW IV so anpassen zu lassen, dass die rote Kontrolllampe dem Lokführer den korrekten Zustand der Türen anzeigt.
Die vorliegenden Ergebnisse, so die Sust, seien nicht abschliessend und würden weiterhin vertiefte Untersuchungen verlangen.
Gewerkschaft: Fehler liegt nicht beim Verunfallten
Was meint die Gewerkschaft des Verkehrspersonals (SEV) zum Sust-Zwischenbericht? Dieser habe klar gezeigt, dass technische Defekte Ursache für den tragischen Unfall des Zugchefs waren, der Fehler also nicht beim Verunfallten lag, so die SEV.
Die Gewerkschaft fordert die SBB auf, Wagen des Typs EW IV, bei denen der Klemmschutz nicht funktioniert, aus dem Verkehr zu ziehen. In einem zweiten Schritt solle, wie im Sust-Zwischenbericht beschrieben, das heutige System für die Inaktivschaltung des Einklemmschutzes durch ein zuverlässiges ersetzt werden. Zudem müsse die SBB im Unterhalt zusätzliches qualifiziertes Personal einsetzen.
Der ausführliche Zwischenbericht der Sicherheitsuntersuchungsstelle kann hier nachgelesen werden.