Trends im Neubau

Es gibt drei grosse Treiber für die Veränderungen in unserer Wirtschaft: die Globalisierung, der ­kulturelle Wandel und der technologische Fortschritt. Die Globalisierung verändert unsere ­Sichtweisen und intensiviert den Wettbewerb. ­

Digitalisierung
© IFMA Schweiz

Die Individualisierung und Work-Life-Balance bringen neue Bedürfnisse, aber auch das Arbeiten und Leben mit Menschen aus verschiedenen Nationen beeinflusst uns. Viele Veränderungen erfolgen auch durch die Digitalisierung, d.h. mit dem Einsatz von neuen Applikationen und Medien. Der technologische Fortschritt fordert uns nicht nur mit seinem Tempo, sondern beeinflusst auch unsere Arbeitsweise.

Strategisches Facility Management

In Anlehnung an die «Top Trends in FM» (CBRE 2019) stehen Beziehungen, Digitalisierung, der Mensch und Businessmodelle für das Facility Management im Vordergrund. Partnerschaftliche, langjährige Beziehungen werden immer entscheidender, um dem steten Wandel mit den laufend steigenden und sich verändernden An­forderungen gerecht zu werden. Der Wettbewerb fordert gute Benchmarks und die richtigen KPIs, was eine gute Datenstruktur und –transparenz voraussetzt. Das führt uns zur Digitalisierung. Dass der Mensch immer mehr im Mittelpunkt steht, gründet auf der Individualisierung und der Nachhaltigkeit: zwei Themen, die unsere Organisation und Prozesse stark fordern. Diese ersten drei Top-Trends führen uns zum vierten Trend im FM: Die Neuausrichtung auf die Flexibilität verlangt eine neue Strategie, neue Businessmodelle. «Einfacher, modularer und transparenter» steht im Vordergrund.

Als Facility Manager hilft uns ein kollaboratives, zukunftsorientiertes und technisch versiertes Handeln, um unser Know-how aktiv einzubringen und die Veränderungen aktiv beeinflussen zu können.

Status quo: FM und der Markt

Gemäss «FM Monitor 2019» von pom+ kommt die Digitalisierung in der FM-Branche nur langsam voran. «Die FM-Branche lässt sich nur mässig vom Digitalisierungs-Hype anstecken. Gemäss der Umfrage stagniert der Einsatz von digitalen Technologien in der Branche auf tiefem Niveau. Einzig bei den dezentralen Energietechnologien sind Fortschritte erkennbar. Von den zwölf in der Umfrage unterschiedenen Technologien wird gegenwärtig am stärksten in BIM und dezentrale Energietechnologien investiert.» Dies zeigt deutlich, dass die Transformation Zeit benötigt und möglicherweise auch Anreizmodelle fehlen.

Der Bildungsmarkt hat mehrheitlich bereits reagiert. Die neuen Technologien werden in der höheren Weiterbildung im Real Estate und Facility Management aufgenommen. Aber wo stehen wir im operativen Betrieb? Die aktuelle Studie «FMgoesDigi» über den Stand der Digitalisierung im FM auf europäischer Ebene, die auch die Facility-Management-Verbände der Schweiz, IFMA und fmpro unterstützt haben, zeigt ein durchzogenes Bild. Am meisten «in use» sind die CAFM-Tools  mit 64,7 % und Applikationen für Mobile Devices mit 52,6 %.

Was ermöglicht uns die Digitalisierung insbesondere bei Neubauten?

Für das Facility Management offenbart das digitale Bauen (BIM) eine gute Möglichkeit und Chance, in der Planungs- und Realisierungsphase Einfluss zu nehmen. Die Methode BIM ermöglicht, Informationen aus einem Neu- oder Umbau direkter und umfassender zu erhalten. Das zeigt sich auch in den BIM-Dimensionen, welche uns unterstützen, möglichst breit zu denken und die Vorteile der Digitalisierung zu realisieren und einzusetzen:

  • 3D Modellierung ⇒ digitales Gebäude, Visualisierung
  • 4D Bauzeitenanalyse ⇒ Zeit, vorausdenkend
  • 5D Kostenanalyse ⇒ Preiszuordnung: Immobilien und Mobilien
  • 6D Nachhaltigkeit ⇒ langfristig, ­flexibel
  • 7D Lebenszyklus ⇒ Facility Management, Materialien
  • 8D Sicherheit ⇒ Risiko- und Sicherheitsmanagement
  • 9D schlankes Bauen ⇒ Prozess­optimierung
  • 10D industrialisiertes Bauen ⇒ Produktivität verbessern

Die Gebäude werden für 30–60 Jahre gebaut und müssen der Nutzung während dieser Zeit ohne teure Umbauten standhalten. Entscheidend für ein effektives Facility Management bei einem Neubau  ist, zukunftsorientierte Lösungen und Konzepte anzudenken. Diese nutzen die Standardisierung, um die Komplexität zu reduzieren, haben den «multi-use» der Fläche im Fokus und stellen einen hohen Kundennutzen mittels modellierbarer Prozessgestaltung sicher. Mit diesen Voraussetzungen kann das planungs- und baubegleitende FM in Bauprojekten einen grossen Einfluss  ausüben, die entsprechenden Anforderungen, z.B. auch bezogen auf den Brandschutz, frühzeitig stellen und diese während der Planungs- und Realisierungsphase überwachen.

Wie können künftige FM-Lösungen und Konzepte aussehen?

Ein bereits weitverbreitetes Konzept sind unpersönliche Garderoben für Mitarbeitende mit automatischer Dienstkleiderausgabe und -rücknahme. Diese liegen gut platziert nahe der Tramhaltestellen und Zweiradparkplätze und in kurzer Distanz zu den Arbeitsplätzen.

Weitere Beispiele, wie die Digitalisierung die definierten Ziele unterstützen kann, sind z.B.

  • Service-Roboter für Ad-hoc-Transporte, wo lange Präsenzzeiten mit hoher Verfügbarkeit personelle Einsätze zu teuer machen
  • Standardisierte Materialversorgungssysteme auf den verschiedenen Abteilungen, bei welchen RFID die Bestellsystematik digital unterstützt und mittels Systemauswertungen die Lagerbestände optimiert werden können
  • Asset Tracking, welches eine interdisziplinäre Nutzung der medizintechnischen Geräte über verschiedene Abteilungen ermöglicht und den Standort der Geräte jederzeit anzeigt
  • Touchless-Zutrittssysteme mit Handvenen- oder Gesichtserkennung, welche die Sicherheit erhöhen, da Berechtigungung durch Weiter­gabe von Sichtausweisen nicht mehr möglich sind

Verantwortung und Mehrwert FM

Bei Neubauten beauftragt der Eigentümer idealerweise die Nutzervertreter, ein Betriebskonzept (Pflichtenheft) zu erstellen, und den Facility Manager, dieses Konzept um die FM-Konzepte und -Prozesse zu ergänzen. Nach dem Wettbewerb wird der Generalplaner mit der Planung und Realisierung des Neubaus auf Basis des Pflichtenheftes beauftragt. Das planungs- und baubegleitende FM (pbFM) stellt sicher, dass die Anforderungen im Pflichtenheft eingehalten werden, und unterstützt den Nutzer oder den Be­treiber bei der weiteren Spezifizierung (Materialisierung, Prozessprüfung). Das pbFM zieht interne Fachspezialisten wie den SiBe Brandschutz für alle Fragestellungen, Präzisierungen und Prüfungen bei.

Die Zusammenarbeit von Architekten, Fachplanern und Facility-Management-Verantwortlichen zeigt noch einige Defizite. Auf Seite des FM wird das Potenzial des technologischen Fortschritts erst langsam wahrgenommen. Die Verantwortlichen der verschiedenen FM-Disziplinen denken oft noch in ihren Silos, der Nutzen eines integralen FM insbesondere im heutigen wirtschaftlichen Umfeld muss vielerorts noch aufgebaut werden. Eine stärkere Zusammenarbeit über die verschiedenen Disziplinen stärkt auch das gemeinsame Fachwissen und die Argumentation gegenüber der Bauplanung, welche den Fokus auf der Investition und nicht auf dem Lebenszykluskosten hat. Für die Architekten und Fachplaner sollte die Standardisierung und Flexibilität einen viel höheren Stellenwert haben, um die Kundenorientierung über die Lebenszeit eines Gebäudes gewährleisten zu können. Eine laufende Weiterbildung aller Projektbeteiligten ist insbesondere sehr wertvoll, um die Digitalisierung richtig einzusetzen.

Die Technologie verändert unsere Prozesse stark. Damit dies geplant und gut strukturiert erfolgt, ist die Anpassung der Facility-Management-Strategie auf die Digitalisierungsstrategie des Unternehmens sehr wichtig. Mit dem richtigen Einsatz der Technologie gewinnen wir Wettbewerbsvorteile.

Referatsauszug «Strategisches FM – Trends im Neubau», GVZ-Tagung Brandschutz 2022

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