Videoanlagen planen
Die Leistungsbeschreibung einer Videoanlage ist anforderungsreich, da es eine Reihe von System- und Beobachtungskategorien gibt. Der Verband Schweizerischer Errichter von Sicherheitsanlagen stellt dazu ein Tool bereit.
Die Anwendungsregeln in Videoüberwachungsanlagen für Sicherungsanwendung wurden als Teil 4 der Normenreihe SN EN 62676 veröffentlicht. Sie soll sich als nützlich erweisen für alle jene, die für die Aufstellung von Betriebsanforderungen, das Verfassen von Spezifikationen, die Auswahl, die Errichtung, die Inbetriebnahme und den Gebrauch und die Instandhaltung von Videoüberwachungsanlagen (VSS) verantwortlich sind. Das macht sie auch, und trotzdem: In der praktischen Anwendung ist sie etwas sperrig. Um den Umgang mit der Norm den Interessierten näherzubringen, werden im DACH-Raum vom BHE-Bundesverband Sicherheitstechnik e.V. und von der Save AG in Zusammenarbeit mit dem Verband Schweizerische Errichter von Sicherheitsanlagen (SES) entsprechende Seminare angeboten. So fand das mittlerweile 7. SES-Praxisseminar «Video-Security-Norm EN 62676-4» am 30. August in Egerkingen statt. Ziel dieser wiederkehrenden Veranstaltung ist es, den Teilnehmern die Vorteile der Anwendung der Norm in der täglichen Arbeit mittels einer Kombination von Expertenwissen aus Theorie und Praxis aufzuzeigen. Im Rahmen dieser Veranstaltung wurde auch das SES-Planungstool für Videoüberwachungsanlagen SES PlaTool VS vorgestellt.
Die Technische Arbeitskommission Video Security (TAK VS) des SES hatte sich schon unmittelbar nach Erscheinen der Norm damit auseinandergesetzt, wie sie ihre Mitglieder in der Praxis bei der Anwendung der Norm optimal unterstützen kann. Schnell war klar, dass die bisherigen Checklisten diesem Anspruch nicht gerecht wurden und es mehr brauchte. Die Idee eines Planungstools war geboren. Dieses wurde durch die Simak Consulting AG für den SES entwickelt. Ende 2016 stand die Version 1.0 des Tools zur Verfügung und wird seither regelmässig mit neuen Funktionen ergänzt. Die aktuelle, 2022 veröffentlichte Version trägt die Versionsnummer 2.10.
Der Aufbau des Tools folgt im Wesentlichen der Norm und ergänzt diese um nützliche zusätzliche Funktionen, wie z.B. Checklisten und Wartungspläne, die den Mitgliedern des SES sicher aus den Richtlinien Video Security, welche regelmässig durch die TAK VS zur Verfügung gestellten werden, bekannt sind. Besonderes Augenmerk wurde darauf gelegt, dass nach Projektabschluss eine Dokumentation der verbauten Videoüberwachungsanlage, die an den Kunden übergeben werden kann, ohne viel zusätzlichen Aufwand vorhanden ist.
Sicherungsgrade bieten die Möglichkeit, Anforderungen an die Videoüberwachungsanlage zu strukturieren und damit die Grundlage für die spätere Auswahl von Komponenten der Videoüberwachungsanlage sowie den Prüfplan und Prüfablauf zu schaffen. Es können bis zu sechs Sicherungsgrade definiert werden, wobei hier ganz klar die Empfehlung gilt, nur Sicherungsgrade zu definieren, die auch wirklich benötigt werden. Dennoch könnten damit auch alle sechs Beobachtungskategorien, sofern dies in einem konkreten Projekt Sinn ergibt, abgebildet werden.
Eine der Funktionen, die jedenfalls einen sehr hohen praktischen Wert hat, ist die Planung der Videokameras mittels der Camera List. Hier werden die im konkreten Projekt eingesetzten Produkte mit ihren Kennwerten in einer eigenen Tabelle eingetragen. In der Tabelle mit allen Kameras wird auf die vorgenannte Tabelle zugegriffen und die bereits vorhandenen Kennwerte um weitere Angaben ergänzt. So braucht es noch Angaben zur Entfernung der Kamera vom Beobachtungsobjekt und die Angabe von Reservepixeln als Prozentwert, aus dem sich die netto zur Verfügung stehenden Pixel errechnen lassen. Damit ist das Tool in der Lage, die theoretisch erreichte Beobachtungskategorie zu ermitteln. In anderen Worten lässt damit bereits in der Planung der Videoüberwachungsanlage sicherstellen, dass jede Kamera die gestellten Anforderungen erfüllt. Ergänzt man auch Angaben hinsichtlich der Netzwerklast und allfälliger PoE-Last, lässt sich zusätzlich in der Tabelle Network Design prüfen, ob die gewählten Netzwerkkomponenten ausreichend dimensioniert sind oder ob diese angepasst werden müssen.
Der Prüfplan und der Prüfablauf der Norm stellen eine besondere Herausforderung dar. Das Tool stellt sämtliche dafür erforderlichen Listen und Tabellen für alle an der Prüfung beteiligten Personen zur Verfügung. So kann vorgängig ein Prüfplan mit den erwarteten Ergebnissen erstellt werden. Im Rahmen des Prüfablaufs werden die tatsächlich festgestellten Ergebnisse, z.B. erkannte Gesichter oder Beobachtungskategorie, auf Basis von entsprechenden Testbildern erfasst. Die Berechnung des Ergebnisses der Prüfung, insbesondere ob die Prüfung bestanden wurde, erfolgt im Tool automatisch. Diese folgt dem in der Norm beschriebenen Algorithmus für die Prüfkriterien.
Genauso wie auch Normen stets im Wandel sind, wird auch das Tool weiterentwickelt. Das nächste Release wird um zusätzliche Funktionen angereichert, wie einen Focal Length Calculator, einen optimierten Sicherungsgrad sowie um Referenzen als auch um eine automatische Synchronisation von Kameras in den Audit und Observer Sheets.
Das SES PlaTool VS steht seit nunmehr sechs Jahren den Mitgliedern des SES als Hilfsmittel in der praktischen Anwendung der EN 62676-4 zur Verfügung und wird von diesen regelmässig angewandt. Für interessierte Fachplaner und Betreiber von Videoüberwachungsanlagen besteht die Möglichkeit, Zugang zu den Richtlinien und damit auch zum SES PlaTool VS in Form eines Abonnements zu erhalten. Wenden Sie die Norm an, um Ihre Videoüberwachungsprojekte erfolgreicher abwickeln zu können. Das SES PlaTool VS unterstützt Sie bei der praktischen Umsetzung.
Selbstverständlich lebt das Tool auch vom Feedback der Anwender. Anregungen sind jederzeit gerne unter office@simak-consulting.com mit dem Kennwort SES PlaTool VS im Betreff willkommen. Auch wenn nicht immer alle Inputs sofort umgesetzt werden können, werden bei der weiteren Entwicklung des Tools möglichst viele der Anregungen berücksichtigt.