Warnkleidung: Sicherheit durch Sichtbarkeit
Wer gesehen wird, lebt sicherer. Das gilt nicht nur im Strassenverkehr, sondern auch für andere Arbeitsumgebungen, in denen sich Menschen und Maschinen gemeinsam aufhalten. Dann erhöht Warnschutzkleidung die Erkennbarkeit auch bei schlechten Lichtverhältnissen.

Neben dem Schutz vor mechanischen, chemischen oder thermischen Risiken kann Schutzkleidung auch die Funktion haben, die Sichtbarkeit zu erhöhen. Fliegenpilz oder Rotbauchunke machen es vor. Besonders geeignet zum Vermitteln einer Warnwirkung sind die Farben Rot, Orange und Gelb, denn sie bieten einen hohen Kontrast zwischen Warnkleidung und Arbeitsumgebung. Warnschutzkleidung gehört zur persönlichen Schutzausrüstung (PSA), der Arbeitgeber muss sie zur Verfügung stellen und die Beschäftigten müssen sie benutzen.
Fluoreszenz + Reflexion
Die Funktionsweise von Warnbekleidung beruht zum einen auf fluoreszierenden Hintergrundmaterialien, welche die Wahrnehmbarkeit bei Tageslicht erleichtern. Physikalisch gesehen wandeln die aufgebrachten fluoreszierenden Farbstoffe Anteile des UV-Lichts in eine sichtbare Remission um. Diese ungerichtete (nicht spiegelnde) Reflektion nimmt das Auge als ein intensiveres Leuchten der Farben wahr. Dazu kommen separate Reflexstreifen, welche die Körperkonturen nachzeichnen. Sie erhöhen insbesondere in der Dämmerung die Sichtbarkeit, wenn sie von motorisierten Fahrzeugen angestrahlt werden.
Zum Einsatz kommt Warnkleidung immer dann, wenn Beschäftigte
- schlecht zu erkennen sind, z. B. bei Regen, Nebel, Schnee oder Dunkelheit
- nahe am fliessenden Strassen- oder Schienenverkehr arbeiten, auf Baustellen, beim Einweisen von Fahrzeugen usw.
- aufgrund der Arbeitsumgebung (Bäume, Fahrzeuge, Arbeitsmittel) schlecht zu sehen sind
Genormte Qualität
Die internationale und Schweizer Norm SN EN ISO 20471:2013 regelt die Vorgaben für Warnkleidung und legt drei Schutzklassen fest. In den Details geht es u. a. um Anforderungen an Zugfestigkeit, die Drucksicherheit und den Wärmewiderstand der verwendeten Stoffe sowie die Farbechtheit bei Einflüssen von Körperschweiss.
Die Einteilung in eine der drei Schutzklassen richtet sich nach den Mindestflächen der Sicherheitsmaterialien auf einem Kleidungsstück (siehe Tabelle)
Je grösser die fluoreszierenden und retroreflektierenden Flächen sind, desto besser kann der Träger der Warnkleidung auch auf grössere Entfernungen und bei schlechten Lichtverhältnissen erkannt werden. Am weitesten verbreitet im industriellen Umfeld ist Warnkleidung der Klasse 3. Diese Klasse bietet das grösste Mass an Sichtbarkeit. Um den Anforderungen dieser höchsten Stufe zu entsprechen, muss die Kleidung den Torso bedecken sowie reflektierende Bänder an den Ärmeln und/oder den Hosenbeinen aufweisen. Eine Latzhose allein kann somit nicht der Schutzklasse 3 entsprechen, da sie den Torso nicht bedeckt.
Korrekter Einsatz und Pflege
Für das Verwenden von Warnkleidung gilt:
- Stets geschlossen tragen – ob Reissverschluss, Klettverschluss oder Knöpfe – und Ärmel nicht hochkrempeln.
- Keine andere Kleidung darüber tragen, auch ein Pullover gegen Kälte gehört stets unter die Warnweste.
- Warnkleidung sauber halten, Verschmutzungen schwächen die Warnwirkung.
- Warnkleidung ersetzen, wenn sie mit der Zeit altert, verwittert oder beschädigt ist und die Reflexionswirkung nachlässt.
- Vor direktem Sonnenlicht geschützt aufbewahren, damit die fluoreszierenden Farben nicht vorzeitig ausbleichen.
Beim Waschen, chemischen Reinigen und Dekontaminieren sollte man gemäss den Pflegeanweisungen des Herstellers vorgehen und z. B. die vorgegebene maximale Anzahl von Waschzyklen beachten. Die Warnwirkung wie auch z. B. eine flammhemmende Ausrüstung des Materials kann durch falsches Reinigen beeinträchtigt werden.
Besteht der Wunsch, ein Firmenlogo aufzubringen oder einen Slogan, darf dies nur in Abstimmung mit dem Hersteller erfolgen. Denn durch Aufnäher, Abzeichen oder Beschriftungen können die Materialeigenschaften verändert oder die Anforderungen an die Mindestfläche unterlaufen werden. Viele Anbieter bieten inzwischen geeignete Lösungen, um Warnwesten oder Warnschutz-Softshelljacken zu bedrucken, ohne Zertifizierung und Sicherheitsanforderungen zu beeinträchtigen.

Friedhelm Kring
Freier Journalist, spezialisiert auf Arbeitssicherheit
> kring.de

