Zivilprozess: Abbau von Kostenschranken für Private und Firmen

Die Zivilprozessordnung, kurz ZPO, soll punktuell angepasst werden. Damit soll für Private und Unternehmen die Rechtsdurchsetzung im Privatrecht weiter verbessert werden. Der Bundesrat hat eine entsprechende Vernehmlassungsvorlage verabschiedet; sie dauert bis am 11. Juni 2018.

Heute halten teilweise hohe Prozesskostenvorschüsse davon ab, Ansprüche auf dem Gerichtsweg geltend zu machen. Der Bundesrat will diese faktische Zugangsschranke zum Gericht abbauen. Er schlägt deshalb vor, die Prozesskostenvorschüsse zu halbieren. Damit sollen künftig auch Personen, die nicht in den Genuss der unentgeltlichen Rechtspflege kommen, ihre Ansprüche tatsächlich gerichtlich geltend machen können.

Zudem soll die Liquidation der Gerichtskosten neu geregelt werden. Heute kann die obsiegende klagende Partei geleistete Kostenvorschüsse ausschliesslich von der Gegenpartei zurückfordern. Ist die Gegenpartei zahlungsunfähig, muss die klagende Partei die Gerichtskosten damit trotz gewonnenem Verfahren selber bezahlen. In Zukunft soll dieses Risiko wegfallen: Für die Gerichtskosten soll sich das Gericht neu ausschliesslich an die unterliegende Partei halten. Mit diesen beiden Anpassungen trägt der Bundesrat der verbreiteten Kritik am Kostenrecht Rechnung.

Demgegenüber will er nicht in die kantonale Tarifhoheit eingreifen. Nach Ansicht des Bundesrates sind hier die Kantone gefordert.

Kollektiver Rechtsschutz: Lücke schliessen

Ist eine Vielzahl von Personen gleich oder gleichartig geschädigt, muss nach heutigem Recht grundsätzlich jede Person ihre Rechtsansprüche individuell vor Gericht geltend machen. Deshalb verzichten Geschädigte oft auf ein Gerichtsverfahren. Diese seit längerem bemängelte Rechtsschutzlücke will der Bundesrat nun schliessen.

Neu sollen Unternehmen mit einem sogenannten Gruppenvergleichsverfahren eine einvernehmliche kollektive Streiterledigung mit Wirkung für alle Geschädigten erreichen können. Weiter schlägt er vor, die Verbandsklage für die klageweise kollektive Durchsetzung von finanziellen Ansprüchen zuzulassen. Diese Massnahmen erlauben es Unternehmen, Ansprüche aus sogenannten Massenschäden in einem einzigen Verfahren mit einem Verbandskläger beizulegen. Dieser Ausgleich rechtswidriger Gewinne beseitigt auch störende Wettbewerbsverzerrungen gegenüber Unternehmen, die sich rechtskonform verhalten.

Weitere punktuelle Anpassungen

In seiner Vernehmlassungsvorlage (vgl. erläuternder Bericht) schlägt der Bundesrat weitere punktuelle Anpassungen der ZPO vor. So soll insbesondere die Verfahrenskoordination vereinfacht werden, was die kollektive Rechtsdurchsetzung ebenfalls erleichtert. Daneben sollen das Schlichtungs­verfahren, das sich in den letzten Jahren sehr bewährt hat, weiter gestärkt werden. Namentlich will der Bundesrat auch den Umgang mit Eingaben an ein unzuständiges Gericht oder an eine falsche Behörde anwendungsfreundlicher gestalten, ein Mitwirkungsverweigerungsrecht für Unternehmungsjuristinnen und -juristen und eine gesetzliche Grundlage für die Erstellung von schweizweiten Statistiken und Geschäftszahlen der Zivilgerichtsbarkeit schaffen.

Mit diesen Vorschlägen will der Bundesrat die seit ihrem Inkrafttreten in der Praxis bewährte Zivilprozessordnung punktuell anpassen und weiterentwickeln und damit den Zugang zum Gericht erleichtern und die Rechtsdurchsetzung im Privatrecht weiter verbessern.

Pressemeldung Bundesrat

 

 

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