Milder Winter mit wenig tödlichen Lawinenunfällen
Der Winter 2024/25 liegt in den Top 10 der mildesten Winter seit Messbeginn 1864. Ausserdem herrschte Schneearmut in den Schweizer Alpen, besonders im Osten.

Der Hauptgrund für den wenigen Schnee, auch in hohen Lagen, waren die wenigen Niederschläge zwischen November 2024 und April 2025 im Grossteil der Schweizer Alpen. Im Gegensatz zu den über 2000 m gelegenen automatischen IMIS-Stationen war die Schneearmut im Winter 2024/25 an den unterhalb von 1500 m gelegenen Stationen weniger aussergewöhnlich, da milde Winter in dieser Höhenlage bereits in früheren Jahren zu unterdurchschnittlichen Schneemengen geführt hatten.
Der schneearme Winterbeginn sorgte in vielen Regionen für ein schwaches Fundament der Schneedecke. Diese kritische Altschneesituation mit kantig aufgebauten, weichen Schichten tief in der Schneedecke blieb vor allem an Schattenhängen den ganzen Winter bestehen, besonders in den schneearmen Gebieten des südlichen Wallis, des Tessins und Graubündens. Häufige Brüche in der schwachen Altschneedecke führten oft zu grossflächigen Lawinenanrissen und zu vielen mittleren und grossen Lawinen. Dagegen waren die langlebigen Schwachschichten in den neuschneereichen Gebieten des Alpennordhangs und des westlichen Unterwallis meist von gut verfestigten Schneeschichten mächtig überlagert.
Die zwei lawinenaktivsten Perioden des Winters 2024/25 waren in der Altjahreswoche 2024 sowie Ende Januar 2025. Bis Mitte April 2025 kamen in 9 Lawinenunfällen 10 Personen ums Leben. Die Anzahl Todesopfer ist deutlich geringer als im Durchschnitt der letzten 20 Jahre, obwohl die Anzahl der dem SLF gemeldeten Personenlawinen leicht über dem Durchschnitt liegt.
Richtiger Wintereinbruch liess auf sich warten
Im milden Herbst 2024 wurden zwei Wintereinbrüche verzeichnet. Im vergletscherten Hochgebirge oberhalb von 3000 m wurde der Winter schon Anfang Oktober eingeläutet. Hier schneite es während des regnerischen und trüben Oktobers immer wieder. In tieferen Lagen fiel dagegen der meiste Niederschlag als Regen. Im Gegensatz zum Oktober startete der November in den Bergen sehr sonnig und ausserordentlich mild. Die Folge: bis Mitte November lag nur an Nordhängen oberhalb von 2800 m sowie im Hochgebirge eine geschlossene Schneedecke.
Erst im zweiten Novemberdrittel wurde es richtig winterlich: im Westen und Norden fiel vom 19. bis zum 22. November 2024 mit teils stürmischem Wind ausserordentlich viel Schnee bis in tiefe Lagen. Die umfangreichen Triebschneeansammlungen lagerten sich besonders an Schattenhängen auf eine ungünstige, kantig aufgebaute Schneeoberfläche ab. Die Lawinengefahr stieg deutlich an, im Hochgebirge zeitweise auf gross (Stufe 4). Lawinenabgänge wurden hauptsächlich von automatischen Detektionssystemen registriert und aus hochgelegenen Skigebieten gemeldet. Nach jedem herbstlichen Schneefall gingen auf dem noch warmen Boden in mittleren und hohen Lagen viele kleine Gleitschneelawinen ab.
Weisse Weihnachten – viel Neuschnee und ein «Altschneeproblem» in den Bergen
Im Dezember 2024 schneite es wiederholt. Ein grossartiges Weihnachtsgeschenk gab es vom 21. bis zum 24. Dezember 2024: im Westen und Norden sorgten anhaltende und intensive Schneefälle für reichlich Neuschnee in den Schweizer Alpen, was die Schneelage dort oberhalb von 2000 m aufbesserte. Entlang des nördlichen Alpenkammes vom Unterwallis bis in die Glarner Alpen und im Gotthardgebiet fiel verbreitet 1 bis 1.5 m Schnee. In den übrigen Gebieten des Nordens kam ca. ein halber Meter Schnee zusammen. Der Süden und das Engadin gingen hingegen leer aus.
Schon vor diesem Grossschneefall war absehbar, dass die gesamte Altschneedecke ein schwaches Fundament für den Winter darstellte. Mehrere hochdruckbestimmte, trockene Perioden mit langen, klaren Nächten führten dazu, dass sich der Schnee aufbauend umgewandelt hatte. Vielerorts bildete sich eine ausgeprägte Schwachschicht aus grossen, kantigen Kristallen mit nur wenig Bindung zueinander, woraus später ein bodennahes Altschneeproblem entstand.
Die grossen vorweihnachtlichen Neu- und Triebschneemengen überdeckten das schwache Fundament – und fertig war die für Schneebrettlawinen notwendige Schichtkombination. Am 23. und 24. Dezember 2024 herrschte im Westen und Norden eine kritische Lawinensituation und verbreitet grosse Lawinengefahr (Stufe 4). Brüche im schwachen Altschnee führten zu grossflächigen Lawinenanrissen und vielen grossen und sehr grosse spontanen Lawinenabgängen.
Zwischen Weihnachten und Silvester war es in den Bergen sonnig, schwachwindig und aussergewöhnlich mild für diese Jahreszeit und somit herrschten beste Touren- und Freeride-Bedingungen. Doch es war eine der lawinenaktivsten Perioden des Winters 2024/25: in nur 7 Tagen wurden 98 Lawinen durch Schneesportler ausgelöst, wobei 22 Personen erfasst und drei ganz verschüttet wurden. Eindrücklich waren die Lawinengrössen: es wurden 58 mittlere und 27 grosse Personenlawinen gemeldet. Die grossflächige Bruchausbreitung lässt sich mit der ausgeprägten und sehr verbreitet vorhandenen schwachen Altschneedecke erklären. Die Lawinengefahr blieb deshalb in vielen Gebieten der Schweizer Alpen anhaltend erheblich (Stufe 3). Ausserdem führten der Weihnachtsschneefall und die darauffolgenden milden Temperaturen vor allem in den schneereichen Gebieten am Alpennordhang zu vielen Gleitschneelawinen.
Stürmischer Jahresbeginn – der Wind als Baumeister der Lawinen
Neben dem langlebigen Altschneeproblem waren im Winter 2024/25 aber auch immer wieder kurzlebige Triebschneeprobleme im Fokus: stürmische Bedingungen führten wiederholt zu Instabilitäten in den Neu- und Triebschneeschichten oder am Übergang zum oberflächennahen Altschnee, wie am 18. Januar 2025. Starker Südföhn verfrachtete in den Föhngebieten des Nordens oberflächennahen, lockeren Altschnee auf eine ungünstige Altschneeoberfläche, die damit zu einer Schwachschicht wurde. Als Folge wurden viele Lawinen in dünnen, plattigen Triebschneeansammlungen von Personen ausgelöst. Schon am 19. Januar 2025 hatte sich die Situation beruhigt, was typisch für ein Triebschneeproblem ist.
Reichlich Schnee im Süden – Tessin als Schneefallstube der Schweiz
Während im Norden das erste und letzte Januardrittel wechselhaft und mit Südföhn sehr mild war, fiel im Süden und Westen in mehreren Schüben reichlich Schnee. Besonders viel Schnee brachte eine Südstaulage gefolgt von einer ausgeprägten Kaltfront zwischen dem 25. und 29. Januar 2025. Im Westen und am Alpenhauptkamm vom Lukmanier- bis zum Berninapass und südlich davon fiel über 1 m Schnee, sonst beidseits der Alpen verbreitet etwa ein halber Meter. Der viele Neu- und Triebschnee wurde auf die dünne und ausgesprochen schwache Schneedecke abgelagert. Die für den 28. Januar 2025 prognostizierte grosse Lawinengefahr (Stufe 4) wurde durch die höchste Lawinenaktivität des Winters 2024/25 mit sehr vielen grossen und vereinzelt auch sehr grossen spontanen Lawinen bestätigt. Am 29. Januar 2025, dem ersten Schönwettertag nach dem Grossschneefall, war die Situation für Wintersport abseits der gesicherten Pisten sehr kritisch. An diesem Tag lösten Wintersportler viele mittlere und grosse Lawinen aus.
Von Februar bis Anfang März war es mild, verbreitet trocken und es gab in den Bergen und im Süden viel Sonnenschein. Nach dem Grossschneefall von Ende Januar beruhigte sich das Altschneeproblem rasch. Es gab nur noch vereinzelt Lawinenmeldungen mit Auslösungen in den tiefen Schichten der Schneedecke und mit grossflächigen Lawinenanrissen. Somit herrschte von Februar bis Anfang März eine mehrheitlich günstige Lawinensituation.
Vom 9. bis zum 17. März 2025 sorgte eine markante Südstaulage für ein winterliches Intermezzo mit reichlich Schnee im Süden. Innerhalb von einer Woche fiel im Tessin und im Simplongebiet oberhalb von rund 1800 m bis zu 1.5 m Schnee, aber auch im Westen am Grossen St. Bernhard sowie im Osten vom Bergell bis ins Berninagebiet fiel bis zu 1 m Schnee. Es kam wieder Schwung in die Schneedecke: im Süden war der Schnee besonders an Nordhängen erneut auf eine ungünstige Altschneeoberfläche aus kantig aufgebauten, lockeren Schichten gefallen. Somit waren die Neu- und Triebschneeschichten störanfällig und Lawinen konnten im oberen Teil der Schneedecke ausgelöst werden. Zudem wurden im Wallis, im Tessin und in Graubünden schwache Schichten tief in der Schneedecke wieder störanfällig. Hier rissen vor allem an Schattenhängen Lawinen wieder im bodennahen Altschnee an. An Südhängen dagegen war die Situation günstiger, da vor den Schneefällen die Schneedecke hier bis in die Höhe feucht war. Die grossen Neuschneemengen liessen die Lawinengefahr besonders in den Gebieten mit einer schwachen Altschneedecke im Süden und im südlichen Graubünden zeitweise auf die Stufe 4 (gross) ansteigen. Die Lawinenaktivität war hier hoch mit zahlreichen spontanen und durch Personen ausgelösten Lawinen. Besonders im Münstertal war der Schneedeckenaufbau ausserordentlich schwach und somit war es ein verlässliches Gebiet für Brüche im bodennahen Altschnee: schon den ganzen Winter über wurden hier gefährlich grosse spontane sowie durch Personen im Altschnee ausgelöste Lawinen gemeldet.
Winterendspurt – Neuschnee, Wind und viele Lawinenauslösungen durch Personen
Wer hätte das gedacht – der Winter holte vom 29. März bis zum 1. April 2025 sogar im schneearmen Nordosten mit bis zu einem halben Meter Schnee nochmal auf. Neuschnee und lockerer Altschnee wurden allerdings vom starken Nordwind verfrachtet und an Schattenhängen auf einer ungünstigen Altschneeoberfläche abgelagert. Die Folge: mehrere Tage mit vielen spontanen und personenausgelösten Lawinen. Zum Triebschneeproblem tummelte sich ein alter Bekannter, der bodennahe schwache Altschnee. Während im Tessin die schwachen Schichten im Altschnee inzwischen mächtig überlagert und Brüche damit schwierig zu initiieren waren, blieb Graubünden der «Altschnee-Hotspot» der Schweizer Alpen mit einigen Lawinenauslösungen auch in tiefen Schichten der Schneedecke.
Und was war mit nassen Lawinen? Von Mitte März bis Mitte April ist die Durchfeuchtung der Schneedecke mit Wärme und Sonne deutlich vorangeschritten: an Südhängen bis ins Hochgebirge, an Ost- und Westhängen bis gegen 2600 m und an Nordhängen bis gegen 2000 m. Der markante Wärmeeinfluss auf die Schneedecke sorgte für Nass- und Gleitschneelawinen, die Lawinenperioden blieben bis Mitte April aber wenig intensiv.
Quelle: slf.ch