Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz: Neue Zahlen zeigen weiteren Handlungsbedarf

Eine neue Studie des Eidgenössischen Büros für die Gleichstellung von Frau und Mann (EBG) und des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) zeigt, dass sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz in der Schweiz trotz Präventionsmassnahmen ein weit verbreitetes Problem ist. Ein Drittel der Arbeitnehmenden war bereits von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz betroffen.

Foto: Depositphotos/photographee.eu

Nach konkreten Situationen abgefragt, hat sogar schon mehr als die Hälfte der Arbeitnehmenden unerwünschte sexistische und sexuelle Verhaltensweisen erlebt. Frauen, junge Berufstätige und Auszubildene sind besonders betroffen. Die Studie enthält Empfehlungen zur Prävention und ist Teil der Gleichstellungsstrategie 2030.

Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz bezeichnet aus rechtlicher Sicht eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts und ist als solche im Gleichstellungsgesetz ausdrücklich verboten. Die vom EBG und SECO in Auftrag gegebene Studie ist die zweite Erhebung zu diesem Thema nach der ersten Studie von 2008. Befragt wurden dieses Mal Arbeitnehmende und Arbeitgebende.

Die Wahrnehmung von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz kann individuell unterschiedlich sein. Aus diesem Grund wurden die Arbeitnehmenden einerseits gefragt, ob sie sich im bisherigen Erwerbsleben sexuell belästigt gefühlt und damit sexuelle Belästigung im Sinne des Gleichstellungsgesetzes erlebt haben. Andererseits wurden die Arbeitnehmenden gefragt, ob sie im bisherigen Erwerbsleben konkrete sexistische und sexuelle Verhaltensweisen erlebt haben, die gemäss Gleichstellungsgesetz als sexuelle Belästigung eingestuft werden könnten, von den Befragten aber nicht zwingend als solche wahrgenommen wurden. Abgefragt wurden zwölf Verhaltensweisen, die ein breites Spektrum von sexistischen oder abwertenden Sprüchen, Witzen und Nachrichten, obszönen Gesten, körperlichen Annäherungen bis hin zu sexuellen Übergriffen abdecken.

Frauen, junge Berufstätige und Auszubildene sind besonders betroffen

Die Ergebnisse zeigen, dass ein Drittel der Arbeitnehmenden im bisherigen Erwerbsleben sexuell belästigt wurde – bei Frauen liegt der Anteil mit 44 Prozent deutlich höher als bei Männern mit 17 Prozent. Mehr als die Hälfte (52 Prozent) hat zudem im Verlauf des Berufslebens mindestens eine der abgefragten sexistischen oder sexuellen Verhaltensweisen erlebt. Auch hier sind Frauen (59 Prozent) deutlich häufiger betroffen als Männer (46 Prozent).

Jüngere Beschäftigte haben in den letzten zwölf Monaten mehr Vorfälle erlebt und fühlten sich häufiger sexuell belästigt als ältere. Der Einfluss des Alters ist bei den Frauen besonders deutlich. Allein in den letzten zwölf Monaten hat ein Drittel der jungen Frauen zwischen 16 und 25 Jahren sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz erlebt. Häufig betroffen sind ausserdem Personen in Branchen mit vielen Kundenkontakten wie dem Gastgewerbe, der Banken- oder der Gesundheitsbranche. Bei den belästigenden Personen handelt es sich am häufigsten um männliche Arbeitskollegen derselben Hierarchiestufe. Bei den Frauen, die von Belästigung berichteten, ging diese oft auch von Vorgesetzten aus.

Empfehlungen zur Verbesserung der Prävention

Arbeitgebende sind gemäss Gleichstellungsgesetz und Arbeitsgesetz verpflichtet, Massnahmen zur Prävention von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz zu ergreifen. In jedem fünften Betrieb gibt es trotz dieser gesetzlichen Verpflichtung keine Präventions- und Interventionsmassnahmen. Die Mehrheit der Arbeitgebenden gibt zwar an, dass ihre Unternehmen sexuelle Belästigung ernst nehmen, doch die Studie zeigt sowohl bei Arbeitgebenden als auch bei Arbeitnehmenden erhebliche Lücken, was die Kenntnisse zu den rechtlichen Rahmenbedingungen angeht.

Die Studie enthält entsprechend Empfehlungen für eine zielgerichtete Präventions- und Interventionsarbeit. Es brauche eine bessere Sensibilisierung und Aufklärung der Verantwortlichen durch die Arbeitgebenden. Ebenso zentral ist die Schaffung klarer betrieblicher Strukturen und Prozesse, damit Betroffene ermutigt werden, Vorfälle zu melden und Unterstützung erhalten.

Gestützt auf die Studie werden das EBG und SECO ihre Informations- und Schulungsunterlagen überarbeiten und aktualisieren. Diese richten sich an Branchenorganisationen, Arbeitgebende und Arbeitnehmende und werden im Verlauf des nächsten Jahres publiziert.

Quelle: Eidg. Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann
ebg.admin.ch

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