Munitionslager Mitholz – wann passiert es wieder?
Das VBS hat am 8. Oktober der Bevölkerung von Mitholz den vollständigen Expertenbericht zur Risikoanalyse zum ehemaligen Munitionslager vorgestellt. Die Ergebnisse waren bereits Ende Juni aufgrund einer Risikobeurteilung der gleichen Experten bekannt gegeben worden. Gemäss Bericht werden die Wahrscheinlichkeit und das mögliche Ausmass einer Explosion der Munitionsrückstände heute höher eingeschätzt als in den vergangenen Jahrzehnten angenommen wurde. Der Bundesrat wurde an seiner Sitzung vom 28. September 2018 über den Bericht informiert.
Im 2. Weltkrieg wurde in Mitholz (Gemeinde Kandergrund BE) ein unterirdisches militärisches Munitionslager gebaut. Seit einer Explosion im Jahr 1947 (19./20. Dez.) mit 9 Todesopfern liegen in den eingestürzten Anlageteilen und im Schuttkegel davor noch rund 3500 Bruttotonnen (Anm. d. Red.: von rund 7000 t) Munition mit mehreren hundert Tonnen Sprengstoff. Frühere Beurteilungen in den Jahren 1949 und 1986 kamen jeweils zum Schluss, dass bei einer weiteren Explosion nur mit kleinen Schäden zu rechnen sei und dass die Anlage weiter genutzt werden könne.
Gemäss Störfallverordnung wird das Bundesamt für Umwelt nun eine unabhängige Beurteilung der Risikoanalyse vornehmen.
Vollständiger Expertenbericht bestätigt Risikobeurteilung
Im Zuge von Planungen für ein neues Rechenzentrum in der Anlage hat das VBS eine neue Risikobeurteilung in Auftrag gegeben. Die Untersuchung führte ein Team von externen Experten der Firmen Risk&Safety AG sowie Bienz, Kummer & Partner AG durch, unterstützt von verschiedenen Fachpersonen des VBS. Ende Juni wurde der Zwischenbericht der Risikobeurteilung dieser Experten vorgestellt. Ihr vollständiger Bericht zur Risikoanalyse vom 27. September bestätigt die Ergebnisse.
Ein Teil der geräumten Munition wurde im Thunersee versenkt.
Gemäss Bericht werden die Wahrscheinlichkeit und das mögliche Ausmass einer Explosion der Munitionsrückstände heute höher eingeschätzt als in den vergangenen Jahrzehnten angenommen wurde. Dies könnte Schäden in der Anlage selber sowie in der nahen Umgebung verursachen. Die Experten gehen dabei von zwei Szenarien aus und kommen zum Schluss, dass die Grenzwerte der heute geltenden Regelungen im Umgang mit Risiken nicht eingehalten werden.
Keine Sofortmassnahmen für Bevölkerung notwendig
Laut den Experten besteht aufgrund dieser Feststellungen keine Notwendigkeit, um für die lokale Bevölkerung Sofortmassnahmen zu ergreifen. Für die Zufahrtsstrasse nach Kandersteg sowie die Bergstrecke der BLS sind zurzeit ebenfalls keine Massnahmen nötig. Mittel- bis langfristig allerdings braucht es Massnahmen, um die Risiken so weit als möglich zu beseitigen. Zu diesem Zweck hat der Bundesrat eine Arbeitsgruppe für das weitere Vorgehen eingesetzt. Diese Arbeitsgruppe arbeitet seit August unter der Leitung von Brigitte Rindlisbacher. Zu ihren Aufgaben gehört insbesondere, weitergehende Untersuchungen wie etwa ein geologisches Gutachten vorzunehmen, konkrete Massnahmen zur Senkung des Risikos für die Umgebung zu prüfen oder rechtliche Folgen zu klären.
In Abwägung dieser Erkenntnisse und aller weiteren vorliegenden Akten und Fakten, geht die Expertengruppe nun davon aus, dass grössere massenreagierende Ereignisse im Bahnstollen auch heute nicht ausgeschlossen werden können.
Parallel zu diesen Arbeiten hat das VBS den vollständigen Expertenbericht zur Risikoanalyse gemäss dem ordentlichen Prozess im Vollzug der Störfallverordnung dem Bundesamt für Umwelt als Fachstelle des Bundes für die Störfallvorsorge zur unabhängigen Beurteilung unterbreitet. Angesichts der Komplexität und der speziellen Situation mit verschütteter Munition wird das Bundesamt für Umwelt die Prüfung unter Beizug externer Experten durchführen. Es wird das Ergebnis seiner Prüfung voraussichtlich im Frühling 2019 vorlegen. Parallel zu dieser Beurteilung läuft die Prüfung von Massnahmen zur Beseitigung des Risikos durch die Arbeitsgruppe Mitholz. Der Bundesrat wurde bereits Ende Juni über die erste Risikobeurteilung und nun auch an seiner Sitzung vom am 28. September 2018 über den vollständigen Expertenbericht informiert.
Information der Bevölkerung
Das VBS und die zuständigen Behörden informierten am Abend des 8. Oktober 2018 die Bevölkerung von Mitholz über den vollständigen Expertenbericht. An der Informationsveranstaltung wurde weiter der Auftrag der Arbeitsgruppe vorgestellt. An der Veranstaltung informierte auch Regierungsrat Philippe Müller, Polizei- und Militärdirektor des Kantons Bern, über die Erwartungen und die Unterstützung des Kantons. Zudem zeigten Vertreter des VBS und des Kantons den aktuellen Stand der Arbeiten auf und beantworteten Fragen aus der Bevölkerung.
Um die Anliegen der Bevölkerung wahrzunehmen, werden die bereits eingeführten Sprechstunden weiterhin angeboten. An diesen Terminen können die Anwohnerinnen und Anwohner, sowie Liegenschaftsbesitzer ihre Fragen und Anliegen direkt von den Verantwortlichen beantworten lassen. Bei neuen Erkenntnissen werden weitere Informationsveranstaltungen folgen. Der vollständige Expertenbericht wird der Öffentlichkeit auf der Internetseite des VBS zugänglich gemacht. Neben dem Bericht werden der Transparenz halber auch laufend weitere in Archiven gesichtete Dokumente und Berichte aufgeschaltet.
- Expertenbericht vom 27.09.2018 (PDF, 2 MB)
- Anhang 1 zum Expertenbericht (PDF, 4 MB)
- Anhang 2 zum Expertenbericht (PDF, 5 MB)
- Anhang 3 zum Expertenbericht (PDF, 6 MB)
Text/Herausgeber
Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport
Gruppe Verteidigung
Bundesamt für Umwelt BAFU
Weitere Infos der Redaktion
Mit welcher Ignoranz gegenüber Menschenleben und Umwelt die Behörden damals vorgingen, belegt folgendes Zitat aus dem Bericht Eichenberger vom 24. Februar 1949 [7]: „Ein Teil (1402,5 Tonnen!) der geräumten Munition wurde im Thunersee versenkt.“ (Quelle. Munitionsbilanz gemäss Bericht Eichenberger [7] im Schlussbericht auf Seite 19 der Risikoanalyse Risk&Safety AG vom 27.09.2018)
Das Militär zieht sich zurück, die Bevölkerung darf bleiben
Mehrere tausend Paletten Sanitätsmaterial der Armee sind aktuell noch in Mitholz eingelagert. «Mitholz ist heute der grösste Aussenlagerort der Armeeapotheke», erklärt Oberstleutnant im Generalstab Daniel Aeschbach, Teilprojektleiter WEA Armeeapotheke in der Verwaltungseinheit Sanität. Allerdings sollte der Standort bis Ende 2019 so oder so geräumt werden, führt er aus.
Bericht des Gemeindepräsidenten Eduard Kleinjenni zur Katastrophe
Artikel „Mitholz bleibt gefährlich“