Plazentaschranke – Medikation fürs ungeborene Kind

Einem Empa-Team ist es gelungen, ein neues dreidimensionales Zellmodell der menschlichen Plazentaschranke zu entwickeln. Das «Modellorgan» liefert schnell und zuverlässig neue Erkenntnisse zur Aufnahme von Substanzen wie Nanopartikel über die Plazentaschranke und zu möglichen toxischen Effekten auf das ungeborene Kind.

Das an der Empa entwickelte 3-D-Zellmodell erlaubt es, die Barrierefunktion der menschlichen Plazenta zu untersuchen. Bild: Empa

Der sich entwickelnde Fötus ist äusserst anfällig auf giftige Stoffe. Schon kleinste Dosen können gravierende Schäden anrichten. Das ungeborene Kind davor zu schützen, ist eine der Aufgaben der Plazenta, eine Barriere, die Giftstoffe «herausfiltert», den Fötus gleichzeitig aber mit den notwendigen Nährstoffen versorgt. Es gibt allerdings in den letzten Jahren immer mehr Belege dafür, dass die Plazentaschranke nicht 100%-ig dicht ist und dass gewisse Nanopartikel die Barriere überwinden können.

Nanopartikel halten in immer mehr Lebensbereiche Einzug. Sie schützen in Sonnencrème vor Sonnenbrand, sorgen dafür, dass Streuwürze nicht verklumpt, machen Regenjacken wasserdicht und sollen künftig Medikamente an den richtigen Ort im Körper transportieren. «Schwangere sind zwar im Moment noch keinen problematischen Mengen an Nanopartikel ausgesetzt, in der Zukunft wäre das aufgrund der immer weiteren Verbreitung der winzigen Teilchen aber durchaus denkbar», meint Tina Bürki aus der Abteilung «Particles-Biology Interactions».

Um eine sichere Entwicklung von Nanopartikeln in verschiedensten Anwendungsbereichen zu ermöglichen, müssen die Aufnahmemechanismen von Nanopartikeln an der Plazentaschranke sowie deren Auswirkungen auf Mutter, Plazenta und Fötus genauer erforscht werden. Grösse, Ladung, chemische Zusammensetzung und Form der Nanopartikel könnten zum Beispiel einen Einfluss darauf haben, ob sie die Plazentaschranke durchdringen können und welche Wege sie dabei nehmen. Diese Forschung steckt allerdings derzeit noch in den Kinderschuhen. Da die Funktion und Struktur der menschlichen Plazenta einzigartig ist, sind Studien an schwangeren Säugetieren problematisch und wenig aussagekräftig. Bisherige Modelle der menschlichen Plazentaschranke sind entweder sehr zeitaufwändig oder stark vereinfacht.

Ein 3D-Modell der menschlichen Plazentaschranke

Gerne nutzt man für solche Untersuchungen eine gespendete Plazenta, die nach der Geburt des Kindes per Kaiserschnitt entnommen wird. Sie wird schnellstmöglich an eine Perfusionsanlage angeschlossen, die das Gewebe mit Nährstoffen und Sauerstoff versorgt. Dieses Gewebemodell ist zwar das genauste, also das klinisch relevanteste Modell, es ist aber technisch auch sehr anspruchsvoll und zeitlich limitiert auf sechs bis acht Stunden Perfusionszeit. Ausserdem kann man mit einer Plazenta zwar testen, ob ein bestimmter Nanopartikel die Plazentaschranke überwindet; welchen Aufnahmeweg die Partikel nehmen, lässt sich in diesem komplexen Organ jedoch kaum untersuchen.

Text: EMPA

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