Vorbereitung auf Notfälle und Organisation von Evakuierungen

Eine Notfall- und Evakuierungsorganisation will einerseits alle Personen, die sich in den betroffenen Gebäuden befinden, bestmöglich auf einen Notfall vorbereiten und andererseits durch richtiges Verhalten Personen- sowie Sachschäden vermeiden. Bei der Notfall- und Evakuierungsorganisation handelt es sich in erster Linie um eine Massnahme des vorbeugenden betrieblichen Brandschutzes.

Vorbereitung auf Notfälle und Organisation von Evakuierungen

In der Schweiz ist der Brandschutz kantonal geregelt. Allerdings hat die Vereinigung Kantonaler Feuerversicherungen (VKF) eine Vielzahl überkantonaler Vorschriften und Empfehlungen ausgearbeitet, welche in den meisten Kantonen aufgrund kantonaler Adaptionserlasse Anwendung finden. Demzufolge bestehen – zumindest betreffend anwendbarem Recht – kaum Unterschiede zwischen den verschiedenen Kantonen und ihren Vorschriften. Im Kanton Zürich bildet die Verordnung über den vorbeugenden Brandschutz (VVB) vom 8. Dezember 2004, gestützt auf das Gesetz über die Feuerpolizei und das Feuerwehrwesen vom 24. September 1978, die gesetzliche Grundlage des Brandschutzes. Die VVB erklärt eine Vielzahl von interkantonalen Erlassen der VKF für gesetzlich verbindlich und anwendbar ­(§ 1). Zudem definiert sie Bauten und ­Anlagen mit erhöhtem Brandrisiko, für die wiederum erhöhte Sicherheitsbestimmungen wie etwa das Vorhandensein einer Alarmierungs- und Evakuierungsorganisation gelten. Schliesslich bestimmt die VVB auch, dass der Sicherheitsbeauftragte (SIBE) eines Gebäudes den Exekutivbehörden der Standortgemeinde schriftlich zu melden ist, und dass die Geschäftsleitung (beim Eigen­tümer) resp. die Betriebsleitung (beim Nutzer) diesen mit einem Pflichtenheft gemäss Weisungen der Kantonalen ­Feuerpolizei auszustatten hat.

Unter welchen Bedingungen im Kanton Zürich von der Geschäfts- resp. Betriebsleitung ein SIBE zu bestimmen und auszubilden ist, wird von der VKF-Brandschutznorm sowie einer verbindlichen SIBE-Weisung der Kantonalen Feuerpolizei definiert. Gemäss VKF-Brandschutznorm ist dies der Fall, «wenn Brandgefahren, Personenbelegung, Art oder Grösse von Bauten, Anlagen oder Betrieben es erfordern …». Diese generell gefasste VKF-Norm wird von der kantonalen SIBE-Weisung dahin präzisiert, dass insbesondere in den folgenden sechs ­Fällen ein SIBE eingesetzt werden muss:

  • Beherbergungsbetriebe mit mehr als 100 Gästen, Patienten, Insassen.
  • Verkaufsgeschäfte mit mehr als 2400 m² Verkaufsfläche.
  • Bauten und Anlagen mit Räumen mit einer Personenbelegung von mehr als 500 Personen.
  • Betriebe, in denen gefährliche Stoffe in grossen Mengen gelagert werden oder in denen mit solchen Stoffen umgegangen wird.
  • Industrie-, Gewerbe-, Büro- und Verwaltungsbauten oder Betriebe, wenn die Summe der Brandabschnittsflächen mehr als 10 000 m² beträgt.
  • Grosse und komplexe Bauten und Anlagen, in denen im Brandfall die frühzeitige Ansteuerung und Inbe­triebsetzung umfangreicher baulicher und technischer Brandschutzeinrichtungen sowie haustechnischer Anlagen gewährleistet sein muss.

Dem Inhalt der SIBE-Weisung entsprechend ist diese Aufzählung nicht abschliessend. Auch bestimmt die Weisung explizit, dass die unter dem Stichwort «insbesondere» aufgeführten Grenz­werte und Kategorien von Fall zu Fall angepasst werden können. Eine solche Anpassung kann somit, im Sinne des allgemeinen Brandschutzziels, durchaus zu einer Verschärfung der obigen Bedingungen führen. Schliesslich präzisieren sowohl die VKF-Brandschutznorm als auch die kantonale SIBE-Weisung, dass der SIBE der Betriebs- resp. Geschäfts­leitung angehören muss. Ist der SIBE innerhalb der Betriebsleitung erst einmal bestimmt und den Behörden namentlich gemeldet, hat er gemäss einem nach den Weisungen der Kantonalen Feuerpolizei erstellten und von der Betriebsleitung abgesegneten Pflichtenheft für die Einhaltung und Überwachung des baulichen, technischen und betrieblichen Brandschutzes zu sorgen. Unter die konkreten Pflichten des SIBE fallen gemäss VKF-Brandschutzrichtlinie auch organisatorische Brandschutzmassnahmen, insbesondere

  • Brandsicherheit im Betrieb;
  • Sicherstellen der Betriebsbereitschaft aller Brandschutzeinrichtungen;
  • Überwachung von Reparaturarbeiten;
  • Erstellen der Brandfallplanung und Betrieb der Alarmorganisation.

Ein zentrales Mittel des SIBE, diese vier organisatorischen Punkte nachhaltig zu gewährleisten, ist die Notfall- und Evakuierungsorganisation. Mittels einer solchen Alarmorganisation, wie sie ausdrücklich von der VKF-Brandschutzrichtlinie verlangt wird, können folgende gesetzlich verbindlichen Punkte sichergestellt werden:

  • Meldung des Alarms an die zuständige Feuerwehr;
  • Warnung gefährdeter Personen und deren Evakuierung;
  • Öffnen der Zugangswege für die Feuerwehr;
  • Verhinderung einer schnellen Ausbreitung des Brandes durch Schliessen von Türen;
  • Brandbekämpfung.

Die gesetzlich angeordnete Brand- resp. Notfallplanung verlangt im Weiteren, dass alle betroffenen Personen (eigenes Betriebspersonal sowie Mietparteien und deren Personal) über Brandgefahren, installierte Brandschutzeinrichtungen sowie das Verhalten im Brandfall instruiert werden müssen. Auch diese Bestimmung kann in nachhaltiger Weise nur durch ein sorgfältig konzipiertes, instruiertes und eingeübtes Notfall- und Evakuierungskonzept unter Aufsicht des SIBE erfüllt werden. Im Interesse des allgemeinen Brandschutzziels ist dieses grundsätzlich gebäudeübergreifend zu erstellen. Es macht nämlich gerade bei grossen Ge­bäuden mit zahlreichen Mietparteien ­keinen Sinn, dass jede Mietpartei eine ­eigene Notfallplanung aufzieht. Die dadurch entstehende Vielzahl von tech­nischen und organisatorischen Lösungsansätzen gefährdet im Ereignisfall eine schnelle und reibungslose Evakuierung. Um das totale Chaos im Falle eines eintretenden Notfalls zu verhindern, hat sich die Gebäudeeigentümerin resp. deren SIBE deshalb darum zu kümmern, die Planungsbemühungen der einzelnen Nutzer bestmöglich zu koordinieren und aufeinander abzustimmen. Diese übergreifende Koordinationsverantwortung der Gebäudeeigentümerin kann auch aus Art. 69 VKF-Brandschutznorm und Art. 2.2 der VKF-Brandschutzrichtlinie abgeleitet werden, welche stipulieren, dass ­Eigentümer- und Nutzerschaft von Bauten und Anlagen organisatorisch und ­personell die zur Gewährleistung der Brandsicherheit notwendigen Massnahmen zu treffen haben. Dazu gehört insbesondere auch die Instruktion des Per­sonals sowie dessen regelmässige Beübung. Die Durchführung von Instruktionskursen und Evakuierungsübungen mit allen betroffenen Gebäudenutzern ist gemäss den gesetzlichen Vorschriften ­gerade bei Gebäuden, von denen eine besondere Gefährdung  ausgeht, peri­odisch und unter Anleitung des SIBE zu ­organisieren. Das Schwergewicht ist ­dabei auf Anweisungen zur Alarmierung der Feuerwehr sowie zum Verhalten im Brand- resp. Notfall zu legen. Der SIBE hat ein schriftliches Ausbildungsverzeichnis zu führen betreffend Aus­bildungsstand aller in die Notfall- und Evakuierungsorganisation involvierter Personen, insbesondere der Mitglieder der technischen Dienste, der Stockwerkverantwortlichen und der Mitarbeitenden in den Telefonzentralen.

Die Suva fordert auf, das Personal regelmässig betreffend Notfall- resp. Alarmorganisation zu schulen und periodisch Übungen durchzuführen, um das Verhalten im Notfall kontinuierlich zu verbessern.
Die gesetzlich angeordnete Brand- resp. Notfallplanung verlangt, dass alle betroffenen Personen über Brandgefahren, installierte Brandschutzeinrichtungen sowie das Verhalten im Brandfall instruiert werden müssen.

Checklisten der Suva in der Übersicht

SUVA-Checkliste Notfall-Planung-sf-sicherheitsforum

SUVA-Checkliste Fluchtwege-sf-sicherheitsforum

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